Sven Friedrich im Interview zum neuen Solar Fake-Album `Enjoy Dystopia’

Solar Fake,
© Melanie Haack

Ordentlich tanzbare Beats, pure Eingängigkeit und herrliche lyrische Aggression – das sind Solar Fake, eine der begehrtesten Electro-Acts deutscher Herkunft rund um den Ostberliner Sven Friedrich, die mit dem wunderbar treffenden Titel `Enjoy Dystopia’ am 12. Februar 2021 das Album der Stunde für all jene vorlegten, die gerade nicht so wirklich wissen, wohin mit ihrer angestauten Wut.

Anlässlich der Veröffentlichungen konnten wir Sänger und Mastermind Sven Friedrich (Dreadful Shadows, Zeraphine) für ein Interview gewinnen und einige Fragen stellen – aber lest selbst:

01. Erstmal danke, dass ihr euch die Zeit für dieses Interview nehmt! Euer neues Album steht in den Startlöchern – aufgeregt?

Sven: Total. Das ist immer irgendwie total spannend und auch irgendwie schlimm. Kann ja auch sein, dass die Leute das Album doof finden… Also irgendwie pendle ich immer zwischen Panik und Euphorie…

02. „Enjoy Dystopia“ ist mittlerweile euer sechstes Studioalbum – habt ihr mittlerweile einen „Modus Operandi“ oder ändert sich mit jedem Album die Herangehensweise an neue Musik? Welche Erwartungen habt ihr an euch selbst?

Sven: Ich mach ja die gesamte Produktion immer alleine und ich bin mittlerweile mit mir selbst ganz gut eingespielt und weiß, wie ich am Besten zum Ziel komme. Es ist natürlich trotzdem immer irgendwie anders und neu, aber so ein paar Sachen machen für mich einfach Sinn, wie zum Beispiel dass ich nie mit dem Text beginne. Ich bin kein Dichter, deswegen muss ich nicht versuchen, einer zu werden, hahaha…

03. In der Box eures Albums gibt es die Chance auf ein Goldenes Ticket – drei Menschen erhalten die Möglichkeit, einen Tag mit euch auf Tour zu verbringen, nebst Catering und Hotelübernachtung. Worauf darf man sich da einstellen – wie sieht der Touralltag so aus?

Sven: Eigentlich ist es total lustig und angenehm. Band und Crew sind wie eine Familie und zu jedem freundlich, der zu uns auch freundlich ist. Letztlich ist dieses Golden Ticket tatsächlich ein sehr intensiver Blick hinter die Kulissen. Man kann sich anschauen, wie die Instrumente aufgebaut werden, wie der Soundcheck abläuft, was wir sonst so machen,, wie wir uns auf das Konzert vorbereiten, wie die Party nach dem Gig ist und letztlich sogar noch am nächsten Morgen mit uns allen frühstücken 😉

04. Die erste Single „This Pretty Life“ machte uns Ende letzten Jahres auf jeden Fall ziemlich Laune. Das Musikvideo dazu ist auch ziemlich interessant – Was genau hat es mit dieser Geschichte, die in „It’s Who You Are“ ja teilweise weitererzählt wird, auf sich?

Sven: Das ist eigentlich nur eine Überzeichnung des Bildes, das wir in unserem Podcast von uns malen. Eigentlich ist die Überschrift ‚Prokrastination‘. Aber letztlich ist der Clip ne ziemliche Übertreibung. Natürlich putzt Jeans nicht mein Mikrofon vor der Probe und André ist von uns allen eigentlich der Pünktlichste. Es ist einfach ein kleiner Einblick, aber mit ziemlich überzeichneten Charakteren 😉

05. Anfang letzten Jahres habt ihr euch ja auch dem Medium der Stunde, dem Podcast, geöffnet, praktisch als Corona-Zeitvertreib. Welche Reaktionen kriegt ihr so auf euer wöchentliches Senden und wie genau dürfen wir uns die Produktion der Show vor- stellen?

Sven: Wir bekommen wahnsinnig viel positives Feedback und ich schätze, wir dürfen damit nie wieder aufhören 😉 Aber es macht uns viel Spaß und gerade in Zeiten, wo man nicht wie sonst nahezu jedes Wochenende gemeinsam zu einem Konzert fährt, hat man so auch einmal pro Woche Gelegenheit, Unfug zu reden. Wenn wir den Podcast mal ausfallen lassen müssen, fehlt richtig was. Die Produktion ist etwas abenteuerlich. Wir telefonieren meist über Whatsapp oder Discord und jeder nimmt parallel dazu mit nem guten Mikrofon die eigene Stimme auf. Jeans, André und ggf unser Gast schicken mir dann ihre Spuren und ich mische das dann zusammen. Etwas aufwändig wird es, wenn die Verbindung schlecht und unser Telefonat dadurch dolle zeitversetzt ist. Das macht den Schnitt komplizierter, weil durch diese Verzögerung der Gesprächsfluss immer wieder unterbrochen wird… Es ist dadurch und natürlich auch durch die Vorbereitung schon sehr zeitintensiv, aber es macht uns und unseren Hörern viel Spaß!

06. Mit „Es geht dich nichts an“ habt ihr ja erstmals einen deutschen Song auf dem Album. Warum habt ihr euch dafür entschieden, und wie war es, den Duktus von Solar Fake ins Deutsche zu bringen?

Sven: Ich hatte den Großteil des Refrain- Textes schon von Anfang an im Ohr. Ich hatte kurz überlegt, ob und wie ich das ins Englische bekommen soll, aber dann dachte ich mir, dass das nun auch Quatsch ist. Meine Englischen Texte schreibe ich ja auch direkt in Englisch und übersetze sie nicht. Irgendwie fühlte sich dieser Song auch gut an, auf Deutsch. Der Rest des Textes war auch relativ schnell gefunden und ich denke, ein Deutschsprachiger Song auf dem 6. Album geht schon mal 😉

07. Auf der Bonus-CD findet sich eure Version von „Where Is My Mind“ von den Pixies. Ihr habt ja schon so manche geile Cover-Version vorgelegt – Ich erinnere mich besonders gern an „Such A Shame“ – wie gelingt ein gutes Cover?

Sven: Ich versuche immer, den Song nach Solar Fake klingen zu lassen. Das ist eigentlich mein einziges Kriterium. Wenn es am Ende wie ein guter SF Song klingt, gefällt es mir schon automatisch. Und unseren Fans offenbar auch. Aber das klappt nicht automatisch. Ich hab auch schon einige Sachen wieder weglegen müssen, weil z.B. meine Stimme einfach nicht wirklich gepasst hat.

08. Bei euch sind negative Gefühle, Wut und insbesondere Hass die Oberthemen der Texte. Unglückliche Beziehungen, teilweise gepaart mit Autoaggression – Wie schon bei „I Hate You More Than My Life“ – Warum?

Sven: Ach, es gibt so viele Abgründe in der menschlichen Existenz. Es ist ein unerschöpflicher Quell von Inspiration für mich. Natürlich zweifle ich viel an mir selbst und auch an anderen und es gibt viele sehr weit verbreitete menschliche Eigenschaften, mit denen ich einfach so gar nicht klarkomme. Und darüber kann ich tatsächlich besser schreiben, als über eine Welt, in der alles toll ist oder die lediglich aus Herzschmerz besteht 😉

09. Ihr seid eine unglaublich beliebte Liveband, nahezu Stammgäste auf den großen Festivals und normalerweise auch recht regelmäßig live zu sehen. In aktuellen Zeiten ändert sich natürlich so manches in den Terminkalendern. Wie wirkt sich die aufer- legte Pause auf eure Leben aus?

Sven: Ja, die Livekonzerte fehlen uns allen wirklich sehr. Und das drückt schon zum einen die Stimmung, zum anderen macht sich das auch wirtschaftlich bemerkbar. Wir hatten im letzten Jahr zwar noch Glück, dass wir einige Konzerte hatten, aber dennoch ist auch bei uns sehr viel weggefallen. Letztlich heißt das aber nicht, dass wir irgendwie Langeweile hatten. Im Juni 2020 kam unser Live Album raus, an dem ich intensiv 2 Monate quasi rund um die Uhr gearbeitet habe und an Enjoy Dystopia sitze ich im Prinzip seit Herbst 2019 und das letzte halbe Jahr war ich damit wiederum fast rund um die Uhr beschäftigt. Aber gerade wenn man dann mit einem neuen Studioalbum fertig ist, drängt es uns schon sehr auf die Bühne und es ist schon sehr frustrierend, dass das im Moment nicht möglich ist. Um so mehr freuen wir uns auf den Moment, wo wieder irgendwas geht.

10. Konzerte erleben wir in letzter Zeit primär per Stream über das Internet – glaubt ihr, dass der Trend sich auch in der Zukunft dorthin entwickeln wird?

Sven: Das hängt wohl ein wenig von der Pandemie ab. Ich denke, sobald wieder Konzerte mit Publikum und ohne größere Beschränkungen möglich sind, werden die Leute lieber wieder in Clubs gehen, als sich ein Konzert am Fernseher oder Rechner anzusehen. Vielleicht gibt es auch eine Kombination aus beidem. Ich für meinen Teil schaue mir die Bands lieber echt und direkt an. Aber in der momentanen Zeit, sind die Streams schon eine schöne Alternative.

11. Nun, wo euer neues Album vor der Tür steht – wie soll es weitergehen? Für den Sommer sind ja noch ein paar Konzerte geplant, doch im Moment ist ja größtenteils unklar, ob man vor nächstem Jahr überhaupt noch Livemusik erleben wird.

Sven: Ja, wir planen unsere Tour gerade um und schauen, ob wir vielleicht in der wärmeren Jahreszeit wieder ein paar Konzerte spielen können, unter Corona- Bedingungen. Aber es ist momentan alles noch sehr vage und niemand plant so wirklich. Es gibt ein paar Ideen und unsere Agentur tut ihr Möglichstes und ich hoffe, dass wir dann auch bald wieder eine Bühne betreten können, auch wenn das noch nichts mit vollen Clubs und ausgelassen tanzendem und schwitzendem Publikum zu tun hat.

12. Welches Mantra wollt ihr unseren Leser:innen mitgeben?

Sven: Ach herrje… da bin ja nun wirklich ganz schlecht drin… ein Mantra wäre mir auch viel zu wichtig und zu bedeutend 😉 Aber ich habe letztens den Spruch für unsere neuen Crewshirts gefunden (wir machen für unsere Live- Crew bei jeder Tour eigene Shirts, auf denen ein lustiger Spruch steht), und zwar : „If something feels off, it’s probably off“.

Zum Ende des Interviews gibt es hier noch einen Videogruß von Sven zur Veröffentlichung des neuen Albums`Enjoy Dystopia’ , das ihr unter anderem HIER auf Amazon sowie im Out Of Line Shop erwerben könnt.

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