2018 feiern die Rheinländer von Still Patient? ihr 30-jähriges Bandbestehen – und zwar mit der Veröffentlichung des neuen Albums „Zeitgeist Weltschmerz“. Die Platte erschien am 18. Mai über das Label Schwarzrock und bietet dreizehn neue Tracks.
Kennt ihr das Gefühl, wenn ihr die ersten Sekunden eines Albums hört und euch denkt: „Ja, das wird ein schönes Stück- chen Gothic-Rock“? Dieses Gefühl hinter- lässt der Opener „The Ghosts Of Tides“, ein feierlicher Einstieg in eine Platte, die dreißig Jahre Still Patient? feiert. Hymnisch, melodiös, schön rockig. Wer etwas für Bands wie Mono Inc. übrig hat, dem wird hier definitiv das Herz aufgehen. Der nächste Song, „Drag Me Down“, klingt dann schon ein ganzes Ende dreckiger. Zwischendurch nimmt der Gesang fast sonore Tendenzen an, dem Song wohnt etwas Dramatisches, Bedrohliches inne. „I’m gonna make it happen, no matter what it takes“ und „Between heaven and hell I feel alive“ heißt es da, während die Gitarren zerren und der treibende Schlagzeugbeat den Hörer fest umklammert hält. Ein sehr geiler Song. Etwas langsamer als der Up-Tempo-Vorgänger geht es auf „In The Name“ zu. Auch dieses Stück ist purer Gothic-Rock, aus dem eine Sisters of Mercy-ähnliche Schönheit klingt. Nicht so hymnisch wie der Opener, aber trotzdem stimmig und schön, garniert mit Zeilen wie „Red carpets of blood and hate“. Nicht der beste Song der Platte, aber ein gutes Lied. In „The Man“ höre ich einige politische Stellen heraus. Vielleicht ist das nur meine Interpretation des Textes, aber einige Stellen erinnern mich an ein ganz gewisses Landesoberhaupt, dem auch Die Krupps neulich einen Song widmeten. Sehr interessant ist auch das Schwefel-Tribute „Metropolis“, ein Song, der ursprünglich ein Jahr vor der Gründung von Still Patient? erschien. Eine sehr schöne Umsetzung, die klanglich gut überzeugen kann. Vorgetragen wird er in einer Grabesstimme. Sehr unterhaltsam! Ruhigere Klänge schlägt „My Darkness Divine“ an. Melancholisch kommt der Song daher, der ein waschechter Liebessong mit düsterem Unterton ist. Romantisch, nachdenklich und – mal wieder – wirklich schön, träumerisch und mit einem schönen Zusammenspiel aus Riffs und elektronischen Soundwelten. „Breathe II“ knallt dann wieder etwas mehr und sorgt für Kopfnicken, zusammen mit dem eingängigen Refrain. „Hell and Back“ erinnert fast ein wenig an den zweiten Song des Albums, auch, wenn das Tempo ein bisschen angezogen wird. Ansonsten erleben wir auch hier wieder schöne Melodien mit treibenden Drums und Harmonien und Texten, die sich gut in die Platte einreihen. Lyrisch behandelt der Song das gemeinsame Gehen durch Dick und Dünn, zur Hölle und wieder zurück. Um die Drei-Minuten-Marke ertönt der Ausruf „Let’s go!“ – Ein Track, der live hervorragend funktionieren wird. „Misery Galore“ zeigt etwas mehr Attitüde und lässt sogar eine F-Bomb („Sick fuckers“) fallen. Noch eine Spur böser und mit einigen Industrial-Andeutungen kommt „Ellum II“ daher. Der Song ist dramatisch, weniger hymnisch, dafür unglaublich stimmungsvoll und bedrohlich. Ein frischer Soundwind auf dem Album ist dieses Reboot eines mittlerweile über 20 Jahre alten Songs der Band, erschienen seinerzeit auf der „Chameleon“. Zwischen Vampiren und dem Feuer des Schmerzes ist textlich alles dabei, was das Herz begehrt. Geile Nummer, die neuen Schwung aufkommen lässt! Und der nächste Song, „The Last Chime“, legt auch sehr gut vor, das Intro ist schön elektronisch und stimmig. „I raise my glass fort he very last time“ heißt es hier, und musikalisch ist dieser Song vor allem durch den Refrain sehr stark. Der Titeltrack „Zeitgeist Weltschmerz“ legt ebenfalls sehr gut los, zusammen mit Charlotte de Witte wird hier einer der besten Refrains des Albums vorgelegt. Sozialkritisch, stimmungsvoll, und gleichzeitig fast feierlich. „Welcome to hysteria!“ Der Titeltrack unterstreicht den Sound der Platte sehr gut und leitet in den letzten Song des Albums über. „Gimme Tears“ beginnt als eine fast schon Depeche Mode-ähnliche Ballade, mit vielen Schichten, elektronischem Flackern und einer epischen Länge von fast acht Minuten. In der zweiten Hälfte kracht es auch nochmal ordentlich, wir werden noch einmal durch ein großes, elektronisches Outro auf eine Reise durch dieses Album geschickt und schließlich in orbitartige Klänge entlassen, bevor der Song verstummt und somit auch die Platte ihr Ende findet.
Fazit: Dreißig Jahre, kein bisschen alt. „Zeitgeist Weltschmerz“ ist ein Statement, das den Status Quo beschreibt, nicht nur den der Band nach drei Jahrzehnten Musik, sondern auch den unserer Welt – wie könnte es bei dem Albumtitel auch anders sein? Sozialkritische Themen werden angeschnitten, dazu serviert wird wunderbarer Gothic-Rock mit vielen tollen Momenten, sehr spannenden Texten und einigen wirklich großartigen Songs, besonders in der zweiten Hälfte. Meine Favoriten sind das treibende „Drag Me Down“, „Ellum II“, der Titeltrack und „Gimme Tears“, letzterer ist ein fantastisches Outro. Ein schönes, hymnisches, aber auch oft düsteres und melancholisches Album. Hoffentlich haben Still Patient? auch weiterhin Geduld mit uns und liefern uns noch ein paar Platten, das Feuer scheint noch lange nicht erstickt.
Tracklist:
01 The Ghosts Of Tides
02 Drag Me Down
03 In The Name
04 The Man
05 Metropolis (Schwefel Tribute)
06 My Darkness Divine
07 Breathe II
08 Hell and Back
09 Misery Galore
10 Ellum II
11 The Last Chime
12 Zeitgeist Weltschmerz
13 Gimme Tears
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VÖ: 18.05.2018
Genre: Gothic Rock, Dark Rock
Label: Schwarzrock (Broken Silence)
Still Patient? im Web: