Six Faces – Tremble And Fall (CD-Kritik)

Six Faces ist ein Projekt aus Berlin, dass man irgendwo zwischen hart und zart einfügen kann. Mastermind Marko Rujner sagt selbst, eine Mischung aus Synth und Rock. Zu meiner Schande muss ich gestehen, zwar schon von Six Faces gehört zu haben, mich aber noch nie ernsthaft mit dem Berliner auseinandergesetzt habe. Also wurde erst einmal Modern Stalking betrieben und der Künstler in den sozialen Medien gesucht. Man erlebt einen Selbst- bewussten, ohne aber überheblich zu wirkenenden Mann, der seine Songs autobiografisch schreibt und dabei noch mehr als sympathisch wirkt. Nach dem Debütalbum „Behind the Truth“ (2017) erschien nun am 12.April 2019 das zweite Werk unter dem Titel „Tremble And Fall“.

„The Trip (Intro)“ zieht einen förmlich in einen Sog aus Synthieklängen und Melodien, die sich immerzu um sich selbst zu drehen scheinen. Ganz klar etwas zum Genießen und mit bedacht hören. Für nebenbei ist das nichts. „Free“ folgt als Song Nummer zwei und nun kommt man auch in den Geschmack von Markos Stimme. Im ersten Moment war ich von dieser so gar nicht angetan, muss aber zugeben, mich überraschend schnell daran gewöhnt zu haben. Ich bin ein großer Fan von guten Sängern, denn ein schlechter Sänger kann jeden noch so guten Song zerstören. Bei den ersten Worten hätte ich Marko definitiv nicht als guten Sänger betitelt. Aber schon nach wenigen Zeilen war das in diesem Fall irgendwie in Ordnung. Seine Stimme hat einen hohen Wiedererkennungswert und passt hervorragend zur hintergründlichen Musik. In der Unperfektheit wieder perfekt sozusagen. „Free“ ist sehr treibend, ohne dabei aber zu viel Tempo aufzunehmen, oder gar hektisch zu wirken. Was aber wohl bestehen bleibt, ist, dass man sich für dieses Album Zeit nehmen muss, es bewusst zu hören, sonst verpasst man zu viele glorreiche Facetten. „Plain“ kommt deutlich rockiger daher, und auch wenn die Sythieklänge hier schon verdammt gut klingen, hätte ich hier gerne noch eine weitere Version mit einem richtig hart wummernden Schlagzeug. Das klingt hier elektronisch leider ziemlich flach. „Psychosomatic Overdose“ klingt wie eine Hommage an die Vergangenheit. Viele Elemente kennt man aus vergangenen Jahrzehnten, den 80ern und den frühen 90er Jahren, auch wenn ich sagen muss, dass der hohe Gesang hier doch etwas zu schräg klingt und zum ersten Mal aus der Linie fällt. „Let us Love“ klingt deutlich tiefer als die vorangegangenen Songs. Damit ist aber eher musikalische Tiefe gemeint, denn gesanglich bewegt sich Marko immer noch in teilweise sehr hohen Sphären. Hier wirkt das aber nicht so zwanghaft und gekünstelt, sondern sehr natürlich und passt deswegen sehr gut. Ein krasser Cut folgt mit „You got me on Fire“. Experimenteller und deutlich flotter als die vorherigen Songs, immer im Wechsel mit den verschiedensten musikalischen Elementen. Eigenartig und beklemmend, irgendwie bedrohlich wirkt „Follow me“. Hier passt die vermittelte Stimmung super zum Text und lässt den Hörer in ziemlich eigenartiger Stimmung zurück. Aus dieser Gemütslage holt einen „Surrender Your Love“ zum Glück ganz schnell wieder raus. Die Stimmung schlägt ins genaue Gegenteil um und sorgt für ordentlich gute Laune. „Time is Running“ ist zwar etwas ruhiger, aber dennoch auf eine gewisse Art mitreisend und beflügelnd. Im gleichen Stil kann man auch „Brutal Emptniess“ beschreiben. Flott und treiben, irgendwie ähnlich wie „Time is Running“, aber dann doch wieder ganz anders. Schon wieder ein Cut im Album, dieses Mal mit „Prism“. Die Melodie ruhig, der Gesang ebenfalls, aber dennoch ziemlich schnell. Klingt komisch, ist aber genau so. Der Song wirkt wie ein Neuanfang, ein neues Kapitel mitten im Kapitel. Fast ein bisschen Inception. „Charades“ kommt daneben fast brav daher, aber auch ziemlich experimentell. Six Faces schaffen es Gegensätze in ihren Songs verschmelzen zu lassen, ohne dass diese dabei verschwinden, aber auch ohne, dass sie komplementär wirken. Wir befinden uns bereits auf der Zielgeraden, die von „Too much Enemies“ eingeleitet wird. Hier folgt ein vollkommener Stilbruch, ich weiß gar nicht, wo man dieses Song einordnen soll. Ein bisschen Wild West Stimmung, ein bisschen Elektronik, ein bisschen Endzeit und ein bisschen Pop. Das alles kombiniert ergibt einen großartigen Song. Etwas melancholische Stimmung zum Abschluss liefert „Dark Clouds“, bevor „Final Stage (Outro)“ wirklich den Schlusspunkt setzt. Bereits gehörte Elemente werden hier wieder aufgegriffen und neu bearbeitet, was dem Album einen sehr stimmungsvollen Rahmen bietet.

Fazit: Definitiv ein ziemlich gutes Album. Besser als erwartet! Ich bin etwas traurig mich nicht früher mit diesem Projekt befasst zu haben. Was ich allerdings über die Tage hinweg gemerkt habe, so gut das Album auch sein mag, es ist kein einfaches Album. Feierabend, ab ins Auto und Musik aufdrehen? Nicht mit Tremble and Fall. Auf die Party am Abend vorbereiten? Nicht mit Tremble and Fall. Den Gedanken nachhängen, sich an Vergangenes erinnern, tiefgründig und gefühlvoll sein? Das auf jeden Fall mit Tremble and Fall!

Tracklist:

01. The Trip (Intro)
02. Free
03. Plain
04. Psychosomatic Overdose
05. Let Us Love
06. You Got Me on Fire
07. Follow You
08. Surrender Your Love
09. Time Is Running
10. Brutal Emptiness
11. Prism
12. Charades
13. Too Much Enemies
14. Dark Clouds
15. Final Stage (Outro)

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VÖ: 12.04.2019
Genre: Synthpop / Synthrock / Electro
Label: Spinnup

Six Faces im Web:

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