Serum 114 – Im Zeichen der Zeit (CD-Kritik)

Serum 114„Wer den sicheren Hafen verlässt, kann in raue See geraten. Wer viel setzt, kann alles verlieren. Und wer auf dem sechsten Album Neues wagt, kann auf die Schnauze fallen. Oder eine bislang unbekannte Freiheit finden. Die Story vom Hinfallen und wieder Aufstehen kennen die Jungs von Serum 114 gut, die sich nun zum x-ten Mal den Schmutz aus den Klamotten klopfen.“ (Quelle: Pressetext) In den letzten Jahren hat das Quartett aus Frankfurt das eine oder andere Mal auf sich aufmerksam gemacht und eine immer größere Hörerschaft um sich gescharrt. Das letzte Album „Die Nacht mein Freund“ hat es sogar auf Platz 3 der deutschen Albumcharts geschafft. Jetzt wird es also Zeit, die Ärmel hochzukrempeln und sich mit klarem Kopf neuen Aufgaben zu widmen. Genau das haben die vier gemacht und das Ergebnis aus diesem Prozess umfasst 14 Songs und hört auf den Namen „Im Zeichen der Zeit“.

Mit „Im Zeichen der Zeit“ sind Serum 114 zwar den nächsten Schritt in ihrer Schaffenszeit gegangen, haben aber den Deutschrock sicher nicht neu erfunden. Hinfallen, wieder aufstehen, zusammenhalten, die Heimat besingen und dem Alltagstrott entfliehen, das Sehnen nach Freiheit sind alles bekannte Motive, die von den meisten Bands besungen werden. Was Serum 114 aber geschafft haben, dem altbekannten Schema ihrer eigenen Stiefel anzuziehen. Man hört in jeder Note bei jedem Ton, dass sich hier Gedanken gemacht wurden und nicht nur die ollen Kamellen aus dem Schrank gezogen wurden. Der Rock klingt Cleaner und flüssiger als noch auf den Vorgängern, immer mit dem großen Druck nach vorne, der dafür sorgt, dass man mindestens mit den Füßen wippen muss, am liebsten aber aufspringen möchte. Das ein oder andere gekonnte Gitarrensolo wertet das Konzept noch zusätzlich auf. Das Album lebt aber von seiner Abwechslung. Man hört bei jedem Song klar raus, dass Serum 114 dahinterstecken, aber theoretisch könnte auch jeder Sog von einem anderen Interpreten sein, so unterschiedlich sind sie im direkten Vergleich. Hört man in „Wir scheitern voran“ eine tief berührende, akustisch begleitete Ballade, die ganz tief ins Herz trifft und Gänsehaut verursacht, so hat man in „Punk Rock Show“ hektische Gitarren und schnelle Rhythmen, die einfach nur nach Party schreien. Direkte Einstiege und Songs, die ganze Geschichten erzählen, hört man mit „Jeden Tag jede Nacht“. Die Strophen sind hart und kantig, der Song verschwimmt aber im Refrain zu einer großen und ganzen Ohrwurmmelodie. Auch trauen sich Serum 114 auf „Im Zeichen der Zeit“ mit verschiedenen Einflüssen und Stilen zu experimentieren. Mal ein bisschen punkiger, dann ein schnell gesungener Text, dann wird mal mehr gesprochen als ge- sungen, die Töne verzerrt und die eine oder andere elektronische Komponente einfließen lassen. Jeder Song steht hier vollkommen für sich und führt in eine komplett andere Welt. Man kann sich aussuchen, in welche Richtung man mit Serum 114 segeln möchte. Was man aber definitiv noch hervorheben muss, ist „Freiheit“. Mit diesem Song haben die Frankfurter eine Hymne geschrieben, die es so nicht oft gibt. Gesanglich und vor allem textlich ist der Song einer unter Tausenden, der es schafft, herauszustechen und genau ins Schwarze zu treffen. Auch die Instrumentierung ist mehr als gelungen. Mit diesem Song hat sich die Band ihr eigenes Denkmal gesetzt. Wenn jeder Song anders klingt als alle anderen, könnte man davon ausgehen, dass das Album chaotisch wirkt oder man nichts Halbes und nichts Ganzes bekommt, aber genau das Gegenteil ist der Fall. In Ihrer Unterschiedlichkeit ergänzen sich die Songs perfekt und jeder wirkt von Anfang bis Ende hochwertig produziert und gut durchdacht. Kein Chaos, kein Durcheinander – „Im Zeichen der Zeit“ wirkt eher wie ein Querschnitt durch das Portfolio der Band, in dem sie zeigen, wie weit ihr Spektrum reicht. Ein bisschen wie ein „Best of“.

Fazit: Wer noch kein Serum 114 Fan ist, wird es mit diesem Album auf jeden Fall werden. Jetzt führt kein Weg mehr daran vorbei. „Im Zeichen der Zeit“ ist ein absolut großartiges Album, das gehört werden muss. Das Rad nicht neu erfunden, aber Altbewährtes modi- fiziert und verbessert, dass es jetzt absolut großartig klingt. Dieses Album ist ein Meilen- stein für die Frankfurter Band, die unbedingt auf die großen Bühnen dieser Republik gehört.

Tracklist:

01 Abgefucktes Leben
02 Freiheit
03 Punk Rock Show
04 Zuhause ist schön
05 Ein Teil
06 Zeichen
07 Wir scheitern voran
08 Jeden Tag Jede Nacht
09 Meine Band
10 Nein
11 Biest
12 Was kann der Mond dafür
13 Zeit steht still
14 Unzerbrechlich

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VÖ: 18.09.2020
Genre: Punkrock
Label: Napalm Records

Serum 114 im Web:

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