Nightwish – Human. :II: Nature. (CD-Kritik)

NightwishWenn das finnische Sextett Nightwish ein neues Studioalbum auf den Markt bringen, so darf man stets mit etwas Großem rechnen. Bandleader Tuomas Holopainen sagte einst, dass er bei jedem neuen Album die Absicht habe, etwas Einzigartiges zu erschaffen, ein Denkmal und ein echtes Album-Hörerlebnis. In diesem Jahr wird er damit sein Ziel mit Sicherheit wieder erreichen. Denn Nightwish veröffentlichten am 10. April 2020 ihr 9. Studioalbum Human. :II: Nature. über Nuclear Blast. Erschienen ist der lang erwartete Nachfolger des umjubelten Endless Forms Most Beautiful Werks aus dem Jahr 2015 als Doppelalbum mit 9 Songs auf der Haupt-CD und einem in acht Kapitel unterteilten Longtrack auf CD 2.

Der Titel Human. :II: Nature zeigt schon die klare Struktur und Thematik des Albums auf. Unterteilt in zwei Hälften bekommt jede Welt ihr eigenes Minialbum. Part 1 umfasst neun Songs, bei dem jeder für sich steht und als einzelnes musikalisches Meisterwerk bestehen kann. Selten hat man Nightwish so vielseitig und experimentell erlebt. Fast jeder Song kann einem eigenen Genre zugeordnet werden, schafft es aber dabei immer die klassische Instrumentierung der Finnen einzufangen und so ganz klar den altbekannten Stil einfließen zu lassen. Auch die Stimme von Floor Jansen zeigt sich gewohnt vielseitig, aber mit bisher sehr selten gezeigten Facetten. Alleine der erste Track „Music“ überzeugt in unnach- ahmlicher Vielseitigkeit. In über sieben Minuten springt der Track durch die musikalische Geschichte der Band und schafft es, einen allumfassenden Rahmen zu spannen. Auch dieser Titel ist also sehr weise gewählt worden. Wenn man jetzt noch ein weiteres Highlight herauspicken muss, würde ich mich spontan für „Harvest“ entscheiden. Hier lernt man die folkige Seite der Band kennen, die zwar ungewohnt, aber gleichzeitig auch so klingt, als wäre sie schon immer da gewesen. Natürlich gibt es bei all den Experimenten und verschiedenen Facetten die widergespiegelt werden auch immer wieder einen Song, der ganz klar im typischen Nightwish-Stil gehalten ist und das zelebriert, für das die Finnen bekannt sind. Opulente Klänge, hervorragende Instrumentierung und perfekt darauf abgestimmter Gesang, der es innerhalb von Sekunden schafft wohlige Glücksgefühle oder Schreckensschauer zu verursachen.

Der zweite Part wirkt ruhiger, fast wie eine Hymne und auch die Betitelung (u. a. „The Blue“, „The Green“, „Aurorae“) passt hier wie die Faust aufs Auge. Die acht Tracks fügen sich zu einem zusammenhängenden Soundtrack und legen vor allem Wert auf ein gelungenes Einspielen und die hervorragende Wirkung der Instrumente. Der Gesang steht hier stark im Hintergrund und kann nur an vereinzelten Stellen hervordringen, allerdings als reine Begleitung, ohne große Textpassagen. Der Kontrast zu Part 1 könnte größer nicht sein und schmeißt den Hörer in eine komplett neue Gemütslage. Allein wenn ein Album dies schafft, kann es schon als ganz großes Kino einkategorisiert werden. Vor allem Part 2 schafft es ohne große Worte ein Bild zu vermitteln, eine Stimmung zu erzeugen und große Emotionen hervorzurufen („Moors“).

Auch wenn beide Parts unterschiedlicher nicht sein könnten, passen sie doch perfekt zueinander. So wie vielleicht die zwei behandelten Themen Human. :II: Nature Gegen- sätze zu sein scheinen, haben sie sich doch gemeinsam entwickelt und bestehen nun in einer voneinander abhängigen Symbiose. Jeder muss auf den anderen Part acht geben und vorsichtig sein. Der Verlauf eines Lebens ist voller Höhen und Tiefen, die genau wie dieses Album aus den verschiedensten Stimmungen besteht. Gleichzeitig klingt das Album aber auch wie eine Warnung („Aurorae“), dass das Schöne endlich ist und wenn man sich nicht bemüht irgendwann verschwindet. Auch wenn Human. :II: Nature ausdrücklich kein Konzeptalbum sein soll, machen es die aktuellen Geschehnisse aber zu einem.

Fazit: Rein musikalisch betrachtet: Top! Jeder Teil für sich, absolute Spitzenklasse, sowohl gesanglich, textlich und vor allem die Instrumentalisierung! Absolutes Höchstniveau, wie man es von Nightwish gewohnt ist. Die Aussage hinter dem Album ist aber mit Nichten zu ignorieren! Vielleicht interpretiere ich aufgrund der aktuellen Lage auch zu viel in dieses Werk hinein, aber wenn die Welt zur jetzigen Zeit ein Album gebraucht hat, dann ist es Human. :II: Nature!

Tracklist:

CD 1:
01. Music
02. Noise
03. Shoemaker
04. Harvest
05. Pan
06. How’s The Heart?
07. Procession
08. Tribal
09. Endlessness

CD 2:
01. All The Works Of Nature Which Adorn The World – Vista
02. All The Works Of Nature Which Adorn The World – The Blue
03. All The Works Of Nature Which Adorn The World – The Green
04. All The Works Of Nature Which Adorn The World – Moors
05. All The Works Of Nature Which Adorn The World – Aurorae
06. All The Works Of Nature Which Adorn The World – Quiet As The Snow
07. All The Works Of Nature Which Adorn The World – Anthropocene (incl. „Hurrian Hymn To Nikkal“)
08. All The Works Of Nature Which Adorn The World – Ad Astra

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Release: 10.04.2020
Genre: Symphonic Metal
Label: Nuclear Blast

Nightwish – World Tour 2020
+ Support: Amorphis & Turmion Kätilöt

20.11.2020 Leipzig, Arena
21.11.2020 Düsseldorf, ISS Dome
28.11.2020 Stuttgart, Hanns-Martin-Schleyer-Halle
04.10.2020 München, Olympiahalle
09.12.2020 Bamberg, Brose Arena
10.12.2020 Frankfurt/M., Festhalle
12.12.2020 Wien, Stadthalle (AT)
14.12.2020 Berlin, Max-Schmeling-Halle

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