Music For Constructions – A Tribute To Depeche Mode (CD-Kritik)

Music For Constructions – A Tribute To Depeche Mode2021 war das große Jubiläumsjahr für Depeche Mode – das seinerzeit noch zuckersüß daherkommende Debütalbum „Speak & Spell“ wurde vierzig Jahre alt. Viel hat sich seitdem getan. Von einer durch den Einfluss von Vince Clarke noch eher boygrouphaften Britpop-Band mauserten sich Depeche Mode zu düsteren Synthpop-, ja gar Synthrock-Pionieren mit Industrial-Elementen und der allgemein bekannten und beliebten Gore’schen Schwermut. Zu diesem Geburts- tag liefert NoCut eine wahrlich umfangreiche Compilation, die fast schon die Ausmaße von Metallicas „Blacklist“ annimmt – einer Sammlung, in der sich sogar Dave Gahan selbst mit einer famosen Version von „Nothing Else Matters“ fand.

„Music For Constructions – A Tribute To Depeche Mode“ widmet sich primär der Schaffensperiode der Achtziger Jahre, so gemahnt der Titel als Mischung aus „Construction Time Again“ und „Music For The Masses“ schon an diese erste Hochphase der Band. Hier geben sich diverse Hochkaräter der Schwarzen Szene die Klinke in die Hand und widmen sich dem einen oder anderen Klassiker. Dazwischen finden sich immer mal wieder Ausreißer, sowohl in der Songauswahl als auch in den Künstlern – mit DMK findet sich hier die aus „Spirits In The Forest“ bekannte Tribute-Gruppe, bestehend aus Vater, Tochter und Sohn, die den Sound mithilfe von Ukulelen, Xylophonen und Flöten in ein völlig anderes Licht stellt. Die hier vorliegende Version von „Black Celebration“ kombiniert den liebenswerten, kindlich-dilletantischen Sound von Schulaufführungen mit klassisch angehauchten Synths und Drumloops. Das ist in allererster Linie mal wahnsinnig niedlich und sorgt für ein wohlwollendes Lächeln. Ein ebensolches Lächeln zieht sich über das Gesicht, wenn Crematory denselben Song in einer ordentlich angemetalten Version samt Growling und Schrammelgitarren bringen.

Ebenfalls schön ist das bei MajorVoice, der den „Ultra“-Song „It’s No Good“ mit wuchtiger Instrumentation und seinem unverwechselbaren Timbre auf eigenwillige Weise umsetzt und sich als seiner absolut würdig erweist. Natürlich macht auch das Mono Inc.-Cover von „I Feel You“ Spaß, wenn es auch keinen Blumentopf für Innovation gewinnt und sich doch relativ nah am Original bewegt. Dann lasse ich mir lieber von Darkness On Demand das schaurig-coole „Behind The Wheel“ in einer lauten, aggressiven EBM-Variation um die Ohren schlagen.

Erfreulich an diesem Tribute Sampler: Er ignoriert die Übererfolge „Enjoy The Silence“ und „Personal Jesus“ völlig, auch Songs wie „Never Let Me Down Again“, „A Question Of Time“ oder „Just Can’t Get Enough“ sucht man hier vergebens. Stattdessen widmet sich diese Compilation dem einen oder anderen „Deep Cut“ – Wann hat man zuletzt „In Your Memory“, die B-Seite von „People Are People“, gehört? Die Gruppe Love? macht hier eine schöne Industrial-angehauchte Version daraus, die den Zeitgeist der Nummer, samt nostalgischer Keyboard-Chöre und Klick-Klack-Geräuschen, wunderbar transportiert und wahnsinnig retro daherkommt.

Ein wenig bedauerlich: Bis auf zwei Songs wird das Material nach 1997 völlig ignoriert. Da wäre einmal „Heaven“, in einer wunderbar-loungigen, atmosphärischen Version von Scheuber & Wollank, und „Where’s The Revolution“, eher klobig dargeboten von Monsmeg. Material aus den Alben von „Exciter“ bis „Sounds Of The Universe“ sind leider nicht zu finden – schade, gerade angesichts der Künstler, die bei NoCut unter Vertrag stehen, hätte sich hier Interessantes machen lassen. Hell Boulevard oder Die Krupps hätten den einen oder anderen Song bestimmt famos verwandeln können. Dass stattdessen „Ice Machine“, „Black Celebration“, „But Not Tonight“ und „The Bottom Line“ jeweils zwei Versionen erhalten, sei jedoch entschuldigt, im Anbetracht der verschiedenen Herangehens- weisen an die Songs. Heimataerde machen „Ice Machine“ samt Airhorns und flotten Gitarren zu einer merkwürdigen Hymne, während Electronic Frequency einen bassigen, düsteren, aber auch etwas störrischeren Electro-Song kreieren.

Fazit: Von Beyond Obsession über evo-lution bis hin zu AD:keY gibt sich das Who Is Who hier die Ehre, mal mehr am Original, mal mutiger, und dazwischen finden sich viele weniger bekannte Künstler und Bands, die den drei Briten hier die Ehre erweisen. Abseits der großen Pophits, mit verstärktem Fokus auf Fan Favorites und Geheimtipps, erfüllt diese Compilation definitiv die Mission, ein Tribut zu sein. Dass drei Alben dabei völlig ignoriert wurden, ist ein wenig schade – aber hey, die großen Jahre von Depeche Mode liegen nun einmal schon etwas weiter zurück. Trotzdem hätte ich mich gefreut, wenn Songs wie „The Dead Of Night“ auch hier stattgefunden hätten. Aber das ist Meckern auf hohem Niveau: Was wir hier bekommen, sind zweieinhalb Dutzend Covers, denen man die Liebe zu den Originalen anhört. Ein schönes Geschenk für die Fans, und eine angemessene Würdigung für die Band.

Tracklist:

CD 1

01. Mono Inc. – I feel You
02. MajorVoice – It’s no Good
03. Crematory – Black Celebration
04. Beyond Obsession – The Bottom Line
05. Vainerz – Insight
06. Blind Passenger 80s Express – Photographic
07. Love? – In your Memory
08. Darkness on Demand – Behind the Wheel
09. Evo-Lution – Stripped
10. Julian Shah Taylor – In your Room
11. Psyche – Lie to Me
12. Any Second feat. Iggi – To have and to hold
13. Scheuber & Wollank – Heaven
14. Electronic Frequency – Ice Machine
15. Strangelove – Sister of Night

CD 2

01. Heimataerde – Ice Machine
02. Plastic Noise Experience – Get the Balance right
03. AD:keY – Nodisco
04. The Promise – But nottTonight
05. The Psychic Force – Blasphemous Rumors
06. DMK – Black Celebration (2021 Poly Gore Remix)
07. Mauricio Tamblay – Rush
08. Superikone feat. Puppekopp – The Things you said
09. Monsmeg – Where’s the Revolution
10. Blue Forge – Waiting for the Night
11. Stage Of Theed – My Secret Garden
12. White Noise TV – World in My Eyes
13. Ha[a]rp – The Sun and the Rainfall
14. District 13 – The Bottom Line
15. Twilight-Images – Fly on the Windscreen
16. Diarblack – But not Tonight

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VÖ: 03.12.2021
Genre: Compilation
Label: NoCut

NoCut im Web:

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