MajorVoice – Morgenrot (CD-Kritik)

MajorVoiceVor nur wenigen Jahren noch veredelte er Cover bekannter und beliebter Hits mit einem dunklen und symphonischen Anstrich sowie seiner wahnsinnigen Stimme, nun ist Ronald Zeidler, as known as MajorVoice, mit seiner zweiten Platte Morgenrot bestehend aus Eigenmaterial wieder da. Nach This Lonely Ark veröffentlicht der ursympathische Opernsänger nun ein Album, das erstmals deutsche Texte mit in den Kanon aufnimmt. Und die stehen MajorVoice ungeheuer gut: mit einer wahnsinnigen Balladenkomposition singt er da zusam- men mit Daniel Schulz, von der Unzucht, eine wunderschöne und pompös arrangierte Nummer namens „Ruf mich“ und brilliert. Während der Schulz mit einer eher hellen Stimmfarbe Großes leistet, brilliert MajorVoice gewohnheitsmäßig in den Tiefen, und im Duett harmoniert das so ausgezeichnet, dass es ein wahres Hörvergnügen ist.

Wir bewegen uns hier eindeutig in den seichteren Symphonic-Gewässern – mehr Kuschel- rock als Headbang-Metal, das wird schon auf dem Opener „Waves Of Love“ mit der großartigen Ally Storch an der Geige deutlich. Das passt hervorragend zum Stimmgeber der Platte, der mit seinem tiefen, doch ungeheuer warmen Gesang der geneigten Hörerschaft wie eine Mischung aus Märchenerzähler und Zufluchtsperson erscheint. „Sunbed In The Rain“ ist so ein Zufluchtsstück, das schon in den ersten Sekunden mit seiner Streicher- melodie ganz nah an der Oper ist. Besungen werden schöne Bilder der kleinen Unannehm- lichkeiten (obwohl ich bei „You ask for white, but get the black“ das Problem nicht verstehe… :P), die zwar hier und da ein bisschen klischeehaft oder gar kitschig wirken mögen, aber es ist verdammt gut gemachter Kitsch. Da hole selbst ich freiwillig das Feuerzeug raus und freue mich – gänzlich unironisch.

„Leah“ – mehr ein Märchenerzählerstück – wird schon in den ersten Sekunden zu einer absolut einprägsamen Hausnummer. Das von MajorVoice gebrummte Intro zusammen mit diesen dramatischen Gitarrenanschlägen und Zeilen wie „There’s so much you don’t know / You just took the wrong road“ – da läuft es einem schon gern eiskalt den Rücken runter. Und auch „Die ganze Zeit“ kann durchaus anrühren, und auch wenn der Reim „es wär so“ auf „zu schwer, oh“ innerhalb der ersten Strophe doch etwas holprig gelingt, ist die Geschichte, die MajorVoice hier im selbst geschriebenen Text anreißt, vom Aufbau her clever gestaltet und mit einem wundervollen Refrain garniert.

„Give your hearts to music“ rät uns Ronald Zeidler auf „Live This Day Forever“, einer Hymne auf das, was er tut und beherrscht: die Musik, seine Berufung. Entsprechend stellt er das gleich unter Beweis und überzeugt stimmlich wieder an allen Fronten – energetisch, mit einem netten Solo, und Schunkelrhythmus, und trotzdem dank opulenter Instrumentenkraft zwischen Stromgitarren und Streicherinstrumenten immer schön fett.

Mit „Kein Meer zu tief“ bekommen wir eine weitere Powerballade – und Power trifft es hier ziemlich gut, für einen MajorVoice-Song geht das Riff hier schon ordentlich ab. Auch lyrisch hat die Nummer so manches auf dem Kasten – Ronald arbeitet hier mit manchen wirklich gelungenen Bildern, die er wundervoll intoniert. Sehr erfreuliches Lied. Mit „Wenn du gehst“ rückt der Barde fast noch ein Stückchen mehr in Richtung Symphonic Metal. Das klingt besonders dank der professionellen Vertonung und dem grandiosen Instrumental wirklich wie etwas, das im Opernhaus älteren Menschen die Hüte vom Kopf blasen würde.

Nach dem ebenfalls sehr schönen „I’ll Remember You“, einer wunderschönen Verabschie- dung eines geliebten Menschen ins Jenseits, wird es nochmal ordentlich episch. Das ist aber auch mehr als gerechtfertigt, hier kommt nämlich keine Geringere als die wundervolle Scarlet Dorn um die Ecke, die hier noch mal beweist, dass auch sie sich mit ihrem kraft- vollen Gesang keinesfalls hinter MajorVoice zu verstecken braucht. „Lullaby Of Pain“ heißt das Duett, und wenn sie im letzten Drittel schließlich wirklich zusammen singen, geht mir, so ganz persönlich, ein wenig das Herz auf. Diese tolle Harmonie zweier fantastischer Stimmen ist schon eine große Freude.

In den Endspurt geht es mit dem doch recht zügigen „When You Love Someone“, bei dem man definitiv zünftig mitklatschen kann, während der Text durchaus im Kontrast zum wunderschönen Instrumental anklingt. Einerseits könnte zu dieser Komposition bei „Herr der Ringe“ die Sonne aufgehen (Morgenrot!), dann singt MajorVoice gleichzeitig über eine an sich dysfunktionale Beziehung, die ordentlich vor die Wand zu fahren droht. Dieses schöne, spaßige Stück führt uns nun direkt zum letzten Titel, der nochmal alles rausholt: „I Believe“ hat mir wirklich Tränen in die Augen steigen lassen. Auf diesem Song vereint sich eine wirklich herzzerreißende Komposition mit einem schlafliedartigen, positiven, lebensbeja- henden und träumerischen Text, den MajorVoice so warm, so ergreifend und so liebevoll vorträgt, der einen fast mit ihm zusammen an diese Utopie glauben lässt, die er da beschwört. Spätestens im Übergang der zweiten Strophe in den Refrain läuft es mir vom Gesicht. Dieses „Komm, lass uns alle Freunde und zusammen glücklich sein“-Lied mag zwar voller Disney-Pathos haben, aber wer von uns hat bitte kein Plätzchen dafür im Herzen? Und wer kann schon von sich behaupten, auf einem ähnlichen Niveau komponieren, geschweige denn singen zu können?

Fazit: Der ganz große Kitsch, die ganz große Liebe, das ganz große Gefühl, instrumentiert von ganz großen Klängen und mit Worten ausgemalt von einem ganz, ganz großen Sänger ergibt ganz großes Kino. Für gute fünfzig Minuten darf man in diese Welt aus wunder- schönem Pathos und schwarz eingekleideter Oper abtauchen, garniert mit großartigem Gesang und Instrumentals, die unglaublich rühren und unglaublich begeistern. Dieses Album zu hören, ist für mich ein bisschen wie einen Zeichentrickfilm aus meiner Kindheit zu schauen – man darf ein bisschen träumen, ein bisschen staunen, an das Gute glauben, sich freuen und sich aufwärmen. Das schafft MajorVoice mit Morgenrot ganz wunderbar zu einer Zeit, in der man solche Momente echt gebrauchen kann. Danke dafür! Hervorzuheben sind die großartigen Duette mit Daniel Schulz und Scarlet Dorn sowie der fantastische Albumcloser.

Tracklist:

01 Waves Of Love (feat. Ally Storch)
02 Ruf mich (feat. Der Schulz)
03 Sunbed In The Rain
04 Leah
05 Die ganze Zeit
06 Live This Day Forever
07 Kein Meer zu tief
08 Wenn du gehst
09 I’ll Remember You
10 Lullaby Of Pain (feat. Scarlet Dorn)
11 When You Love Someone
12 I Believe

Kaufen: Amazon

VÖ: 22.01,2021
Genre: Gothic Rock/Opera
Label: NoCut

MajorVoice im Web:

Homepage

Facebook