Grenzen|Los – Die Welt wartet nicht (CD-Kritik)

Die sympathischen Jungs von Grenzen|Los aus dem wunderschönen Allgäu haben schon des Öfteren von sich hören lassen und haben auch schon das ein oder andere Ausrufezeichen in ihrer kurzen Karriere gesetzt. Nach der Gründung 2013 folgten selbst produzierte Songs und Alben, der erste Labelvertrag ließ nicht lange auf sich warten und der weitere Weg ging steil bergauf. Knapp fünf Jahre nach Bandgründung folgte der nächste Meilenstein und das Quartett unterschrieb bei der Deutschrockschmiede von Rookies&Kings. Das erste Album unter neuer Fahne lässt auch nicht lange auf sich warten und mit „Die Welt wartet nicht“ erschien am 21.09.2018 der ins- gesamt 18 Songs umfassende (wirklich lange) Langspieler von Grenzen|Los.

Wirklich fleißig waren die Allgäuer und haben 14 komplett neue Songs komponiert und produziert. Hier ist alles dabei von einer kraftstrotzenden Ballade, über den perfekten Partysong bis zu ehrlichen, gesellschaftskritischen Deutschrocknummern, die sowohl in ihrer textlichen Ausdruckskraft, als auch in ihrer musikalischen Interpretation ganz weit oben stehen und ihres gleichen suchen. Das Album wird abgerundet von vier älteren Songs, die teilweise noch in Eigenproduktion auf dem heimischen Dachboden aufgenom- men wurden. Diese Songs bekommen nun die Qualität, die sie verdient haben, ein neues Gewand, ohne aber den alten Charme zu verlieren, der sie einst ausgemacht hat. Dazu gehört unter anderem die powervolle Ballade „Akzeptier die Realität“. Hier leisten sich Gesang und Gitarre eine wunderschöne Symbiose, die ganz tief ins Herz dringt. Wenn schon eine Ballade zu neuem Leben erweckt wurde, muss das gleiche auch für einen rockigen Song gelten. Mit „Ganz nach oben“ wurde der Eigene, zu einem Song verewigte, Anspruch das ganze Land zu rocken neu eingespielt und das kann sich definitiv hören lassen. Die Gitarren härter, der Bass dröhnender, der Gesang klarer und in der Gesamt- komposition hervorragend abgemischt. Auch mit „Wieder Jung“ wurde ein rockiger Song neu aufgenommen. Mit unfassbar viel Kraft in der Stimme kann Sänger Martin Kaun den Hörer sofort in seinen Bann ziehen und über die gesamte Länge die Spannung aufrecht halten. Zusammen mit einem absolut gelungenen Gitarrensolo steigert sich der Song nach über vier Minuten zu einem stimmungsvollen Höhepunkt, der Gänsehaut schafft. Wenn ein Song es verdient hat, nochmals angepackt zu werden, dann ist das bei Grenzen|Los definitiv ihre Ode an ihre Heimat, das wunderschöne Allgäu. Mit „Allgäuweit“ haben sie ihrem zu Hause ein musikalisches Denkmal gesetzt. Auch wenn sich jetzt so einige Berliner oder Hamburger mit dem Song nicht identifizieren können, so ist er zumindest rein musikalisch betrachtet auch nicht zu verachten, sondern eine wirklich gelungene mitreiß- ende Rocknummer. Nachdem das Feld jetzt von hinten aufgerollt wurde, die Bonustracks genannt wurden, springen wir zu Beginn des Albums, das mit einem rein instrumentalen Intro eingeleitet wird. Mit „Ihr habt uns unterschätzt“ folgt dann gleich ein richtiges Brett! Eine absolut treibende, kraftvolle Nummer, die nur so vor Energie und Tatendrang strotzt. Ein hämmerndes Schlagzeug trifft auf Kantige Gitarrenriffs und kräftigen Gesang. Gerne mehr davon! Genauso geht es auch weiter, die Allgäuer lassen sich nicht lumpen und legen mit „Alles dreht sich um dich“ ordentlich nach. Flott und treibend wird das Tempo aufrechterhalten und ordentlich Stimmung gemacht. Auch „Melancholie“ setzt die Stimmung fort und setzt noch einmal eine Schippe drauf. Gekonnte Tempowechsel, gelungenen Solis und ein klein bisschen Dialekt, den Sänger Martin nicht verstecken kann (oder will), machen den Song zu einem absoluten Highlight. Der Titeltrack „Die Welt wartet nicht“ folgt auf diese Salve kraftvoller Songs und steht diesen in nichts nach. Absolut kritisch, knallhart ehrlich und mitten in die Fresse dröhnen sowohl die harten Beats als auch der Text und bohren sich in die Köpfe der Republik. Genau zum richtigen Zeitpunkt wird ein Punkt gesetzt und mit „Versprochene Freiheit“ folgt eine ruhige, aber dennoch sehr starke und kraftvolle Ballade, die den Hörer auf den Boden der Tatsachen zurückholt und eine kleine Verschnaufpause genehmigt. Martins Stimme harmoniert hervorragend mit dem weiblichen Gastgesang im Refrain und transportiert wahnsinnig viel Gefühl. Die genehmigte Pause gab es nur für etwas über vier Minuten, denn mit „Freunde werden Feinde“ wird das Tempo wieder ordentlich angezogen und kraftvoll alles in die Waagschale geschmissen, was sie auch sich und ihren Instrumenten rausholen konnten. Genauso haben sie es auch in „Komm mit uns“ gehalten – der perfekte Song für den Wochenendstart. Volle Kraft voraus, ein mitreißender Rhythmus und unbändige gute Laune treffen aufeinander und machen den Song so einzigartig gut. „Wir sterben jeden Tag“ setzt hier auf das totale Kontrastprogramm. Zwar mit fast genauso viel Druck nach vorne ist die musikalische Stimmung etwas gedrückter gehalten, was aber durch den weitestgehend positiven Text ausgeglichen wird. Der folgende Song steht komplett für sich, sowohl thematisch, als auch musikalisch und behandelt ein Thema, dem sich wohl noch keine Band gewidmet hat. „Handwerk (Ohne und geht Nichts)“ – eine Hymne für alle Männer und Frauen, die ihre Berufung dem Handwerk gewidmet haben. Vielleicht entscheidet sich ja der ein oder andere für einen Ausbildungsplatz im Handwerk, nachdem er diesen Song gehört hat. Auch die Handwerkskammer sollte sich mal überlegen, diesen Song als neue Werbung zu nutzen. Das kann nur Erfolg haben. „Alles was war“ ist dann, zumindest thematisch, wieder etwas klassischer. Musikalisch auch ganz großes Kino, eine gelungene Mischung aus schnellem Rhythmus gepaart mit teilweise sanfteren Klängen. Ein direkter, kompromissloser Einstieg reißt einen förmlich in den nächsten Song „Wie weit kann ich gehen“ hinein. Mit einsetzten der Instrumente, nimmt der Song aber dann erst so richtig Fahrt auf und gibt gegen Ende noch einmal alles, was die Allgäuer in ihren Instrumenten hatten. Auch in „WIR“ zeigt das Quartett noch einmal, was in ihnen steckt. „WIR“ ist mehr als ein Song über die eigene Band, „WIR“ klingt fast schon wie ein Schwur für die Ewigkeit. Grenzen|Los – Für Immer. „Narben, Lügen, Hoffnung, Trauer“ ist der letzte der neu produzierten Songs und rundet mit einem soliden Grundtempo das Album mehr als gekonnt ab. Kratziger Gesang, dröhnende Gitarren und ein flottes Schlagzeug harmo- nieren hervorragend und machen Lust auf mehr.

Fazit: „Die Welt wartet nicht“ ist Deutschrock, wie er sein soll! Grenzen|Los sind spätestens mit diesem Album auf dem Deutschrockolymp angekommen. Die Jungs sind knallhart, ehrlich und direkt, sowohl textlich als auch musikalisch und müssen sich nicht verstecken. Auch wenn sie sich vielleicht noch nicht mit Szenegrößen vergleichen können, sind sie auf dem besten Weg nach ganz weit oben. Wenn die Entwicklung der vier Allgäuer so weiter geht, dürfen wir uns auf noch unzählige musikalische Meisterwerke freuen.

Tracklist:

01. Intro
02. Ihr habt uns unterschätzt
03. Alles dreht sich um dich
04. Melancholie
05. Die Welt wartet nicht
06. Versprochene Freiheit
07. Aus Freund wird Feind
08. Komm mit uns
09. Wir sterben jeden Tag
10. Handwerk (Ohne uns geht nichts)
11. Alles was war
12. Wie weit kann ich gehen
13. Narben, Lügen, Hoffnung, Trauer
14. Wir
15. Akzeptier die Realität (Version 2018)
16. Ganz nach oben (Version 2018)
17. Wieder jung (Version 2018)
18. Allgäuweit (Version 2018)

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VÖ: 21.09.2018
Genre: Deutschrock
Label: Rookies&Kings

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