Gothminister – The Other Side (CD-Review)

Vier Jahre sind seit dem letzten Album „Utopia“ und der Beteiligung am norwegischen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest 2013 ins Land gezogen. Seitdem wurde es relativ still um die Kunstfigur „GOTHMINISTER“, dessen Bühnen- shows stets mit allerlei Splatter-Effekten gespickt waren. Eine kreative Pause für Mastermind Bjørn Alexander Brem, der im normalen Leben sehr erfolgreich als Rechtsanwalt in Oslo arbeitet. Ende Dezember 2016 meldete sich „The Devil’s Advocate“ zu Wort und gab an, dass er mit seiner Band bereits an einem neuen Werk feile.

Jetzt ist es endlich soweit! Die neue Platte trägt den Titel „The Other Side“, beinhaltet 10 brandneue Tracks und erscheint am 13. Oktober 2017 via AFM Records. Für Mix und Mastering zeichnet sich auf dem 6. Werk niemand Geringeres als der deutsche Keyboarder und Musikproduzent Henning Verlage (Unheilig, Eisbrecher u.a.) verantwortlich. Macht euch bereit für starke Metal-Riffs, die unermüdlich Arm in Arm mit riesigen Orchestern und himmlischen Chören marschieren.

„Ich will alles“, beginnt ruhig mit klassischen Streichinstrumenten und versetzt den Hörer in eine gedrückte Stimmung, bis plötzlich Gesang, Schlagzeug und Gitarre druckvoll einsetzten. Wie der Deutsche Titel schon verrät, ist ein Teil des Textes in Deutsch gehalten. Ein überraschend klares Deutsch mit nur wenig Akzent – Gothminister überraschen immer wieder. Der Rest des Textes ist wie gewohnt in Englisch gehalten. Dieses Muster wiederholt sich auch bei der ersten Singleauskopplung „Der fliegende Mann“. Hier ist der deutsche Anteil im Text noch deutlich höher. Der abrupte Wechsel zwischen den Sprachen ist etwas gewöhnungsbedürftig und kommt sehr überraschend, ist aber nicht schlecht und sorgt für Abwechslung. Abwechslung ist definitiv ein Stichwort, der bei The Other Side nicht zu kurz kommt. Gothminister zeigen bei Tracks wie „Red Christ“ und auch teilweise bei „The Sun“, dass sie auch elektronische einiges drauf haben. Auch mit Synthesizer und Keyboard klingt der Sound der Norweger ziemlich gut und reißt mit. Ruhigere Klänge werden in „Ægir“ angestimmt. Ægir, ein Fabelwesen aus der nordischen Mythologie und „Riese der Meere“ wird eine klassische Ballade mit etwas Druck nach vorne und einem eingängigen Refrain gewidmet. Auch der Track „We are the Ones who Rule the World“ hat seinen ganz eigenen Stil. Schneller, harter, teilweise fast schon gescreamter Gesang, ergänzt von einer klaren Frauenstimme und begleitet von hartem Schlagzeug und dröhnenden Gitarren.  „All this Time“ ist eine Mischung aus ganz vielen Stilrichtungen. Einerseits klassischer Gothrock, mit ein bisschen Synthesizer im Hintergrund und klarem, starken Gesang. Der Song hat alles, was ein guter Song haben muss, dennoch fehlt ihm ein bisschen Druck nach vorne, um wirklich mitzureißen. Den findet man aber ziemlich schnell in „Day of Reckoning“. Nach dem klassisch anmutenden Intro sorgt ein treibendes Schlagzeug für die nötige Power, um Beine zum Wippen und Köpfe zum Wackeln zu bringen. Der Titel überzeugt auch durch einen langen, sich immer weiter steigernden Instrumentalpart, der fast das gesamte letzte Drittel des Songs einnimmt. „Taking Over“ geht im gleichen Tempo weiter. Dieses Mal sofort von Anfang an. Ohne Umschweife und Kompromisse startet der Song mit rhythmischer Gitarre und hart klingendem Schlagzeug. Vielleicht der stärkste Track des Albums. Gesanglich eine starke, kräftige Leistung, teilweise begleitet von einer weiblichen Stimme im Hintergrund und untermalt von treibenden Instrumenten. Ein Song ohne Schnörkel und Schleifchen, dafür von Anfang bis Ende druckvoller, ehrlicher Gothrock. „Somewhere in Time“. Der Beginn des letzten Tracks ist sehr empirisch und majestätisch – fast schon hymnenhaft. Ein schnelles Schlagzeug und ein stark verzerrter Gesang führen in den Track ein. Einzig im Refrain ist die gewohnt klare Stimme von Bjørn Alexander Brem zu vernehmen. Man hat das Gefühl auf diesem Album immer Verbindungen ziehen zu können. Jeder Song steht für sich alleine und ist individuell, hat aber Elemente, die sich in mindestens einem anderen Song wieder finden, ohne aber sich zu wiederholen.

Fazit: Ein mit nur zehn Tracks leider etwas kurzes Album, das dafür aber auf voller Breitseite überzeugt. Hier steht definitiv Qualität vor Quantität. Das lange Warten hat sich definitiv gelohnt, denn die vier Norweger um Sänger Bjørn Alexander Brem alias Gothminister zeigen sich von ihrer stärksten Seite. Fast schon hat man das Gefühl, man wollte mit „The Other Side“ tatsächlich eine neue Seite zeigen, ein bisschen experimentell sein und neue Wege gehen. Aber all das, ohne die gewohnten Pfade zu verlassen und sich selbst treu zu bleiben. Eine ganz schmale Gratwanderung, die nur selten gelingt. Hier war es aber ein Volltreffer, der richtig Lust auf die kommende Deutschlandtour, die die Band als Support-Act gemeinsam mit ASP bestreiten, macht.

Tracklist:

01 Ich will alles
02 The Sun
03 Der fliegende Mann
04 Aegir
05 Red Christ
06 We are the Ones who Rule the World
07 All this Time
08 Day of Reckoning
09 Taking Over
10 Somewhere in Time

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VÖ: 13.10.2017
Genre: Dark Rock / Metal
Label: AFM Records

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