Feuerschwanz – Methämmer (CD-Kritik)

Die Regierungen der Welt haben es bisher vor der Menschheit geheim gehalten, doch nun kommt die Wahrheit ans Licht: Seit jeher wurden unser aller Geschicke von einem uralten Geheimbund gelenkt. Illuminaten, Freimaurer, Templer: In jedem Geheim- bund gab es einige noch geheimere Mitglieder, die absolut undercover und unter höchster Geheimhal- tungsstufe als Schergen des METHÄMMER-Kults operierten. Top Secret! Eine Verschwörung unter den Verschwörungen, mit unbegrenztem Zugang zu allen Mysterien des Lebens. Eine biblische Urgewalt von zyklopischem Ausmaß und unfassbarer alkoholischer Energie, die uns alle schon mal behämmert hat. Ob mit oder ohne Aluhut. Die FEUERSCHWANZ‘sche Antwort auf die aktuelle „alternative“ Faktenlage im öffentlichen Diskurs ist wie gewohnt bissig und gleich- zeitig unterhaltsamer denn je.  (Quelle: Pressetext)

Metal-artige Riffs knallen uns bei „Methämmer“, dem Titeltrack und Opener, um die Ohren. Lange müssen wir nicht auf die Mittelalter-Instrumente warten. Und auch textlich geht es ziemlich gut los: „In alten Büchern steht geschrieben: Der Mensch soll nur die Wahrheit lieben, doch mehr noch liebt er die Fiktion – drum schuf der Mensch die Religion.“ Eine Feuerschwanz-Zeile, die mir tatsächlich ein Schmunzeln ins Gesicht zaubern kann. Diese Band mag zwar nicht nach meinem Geschmack sein, textlich teilweise fast peinlich, aber sie wissen wenigstens, was sie tun, und nehmen sich selbst dabei keine Spur ernst. Und hier klingt das wirklich ganz cool. In der zweiten Strophe wird dann auch noch über Verschwörungstheoretiker, die allerorts von der „Vertuschung“ durch „die da oben“ reden, hergezogen. Eigentlich ein wirklich guter Song, mit ziemlich coolem Refrain. Prinz R. Hoden- herz III (ein so bescheuerter Künstlername, dass er eigentlich einen Preis dafür verdient hätte) legt sich stimmlich hier ziemlich ins Zeug.

Weiter geht das 50-minütige Saufgelage mit einem flotten „Schubsetanz“, ein Polka-ähnliches Hüpfeliedchen mit schönem Groove, der zukünftige Grabbelhit auf allen Specta- culi. „Werter Pöbel, wertes Gesocks, aus dem Arsche zieht euch den Stock“ ist eine Zeile, für deren Erfindung man wahrscheinlich mindestens drei Promille braucht. Der Text nimmt sämtliche Mittelalterklischees und wirft sie in einen Topf mit sämtlichen Klischees über Moshpits, und daraus wird ein billiges Starkbier gebraut, das aber wirklich gut knallt und dadurch einfach nur gute Laune macht. Ein zutiefst albernes Lied ohne jeden Anspruch und inhaltliche Wichtigkeit. Geil.

„Die Hörner hoch“ klingt fast schon lächerlich nach Mittelalter, als hätte man sich echt bemüht, alles reinzubringen, was einigermaßen nach der grauen Epoche klingt. Formu- lierungen wie „ein episches Gelage“ finde ich irgendwie schon schön, es ist so schön hochsprachlich direkt und irgendwo zwischen intellektuell und flapsig. „Ein volles Horn ist mein heiliger Gral!“ Und wenn das Horn erstmal voll ist, ist man irgendwann auch voll horny. Hier kommt das „Lustprinzip“ ins Spiel, musikalisch dasselbe wie bisher, nur mit so tollen Zeilen „Reisen fern so weit es geht, doch scheißen uns ins eigne Beet“. Darauf ein schönes Glas Wikingerblut! Der Honigmet mit Kirschsaft passt auch gut zum nächsten Song, der heißt nämlich genauso und macht sich über bärtige Hipster am Weißwurst- äquator, Dolce Vita und da Vincis Überfahrt nach Amerika lustig. Und es geht – wie immer – ums Saufen.

Feuerschwanz mögen per Definition ein paar erwachsene Männer sein, aber wenn diese Männer in kunterbunten Ritterkostümen und Herrenröcken auf der Bühne stehen und flache Alkoholiker-Allegorien schmettern, wird klar, sie sind „Kinder im Geiste“. Musikalisch lässt sich das ziemlich hören, die akustische Gitarre webt sich schön in die Strophen ein, und der Song klingt tatsächlich nicht nur nach bumsfideler Bierbauchzote, sondern auch nach der Gewissheit, doch jung geblieben zu sein. Zeit kommt auch im nächsten Song vor – in „Oh Fortuna“ wird sie mal so nebenbei als leichte Dame beschrieben. Überpräsente Dudelsäcke stehen auch hier wieder repräsentativ für den völlig überzogenen, parodistischen Mittelalter-bis-einer-heult-Sound der Band. Im zweiten Teil gibt es dann aber noch ein paar ziemlich harte Riffs, die bei so manchem Moshpit für ein paar blaue Flecken sorgen könnten.

Der nächste Song, eine Art Minnelied an eine „Prinzessin“, die es zu erobern gilt, enthält so schöne Zeilen wie: „Ich baute dir ein Schloss aus Elfenbein, ging wöchentlich zum Tangotanzverein.“ Hier werden ein paar Details der hilflosen Eroberung und des hoffnungslosen Buhlens beschrieben, vom Wellnesswochenende bis zum Ausführen ins Burgerrestaurant, das daran scheitert, dass es keine vegane Alternative gibt. Man kann diesen Text in Teilen womöglich als sexistisch sehen, aber erstens traue ich dieser Band nicht so viel lyrische Tiefe zu, und zweitens ist am Ende des Tages definitiv der Mann der Idiot. „Der Geschichte Pfade“ ist ein interessanter Themenwechsel. Hier geht es um oft vergessene Alltagshelden, deren Taten vor den Taten der Ritter oft verblassen. Ein Song, der mal nicht so schenkelklopferüberladen ist, sondern fast schon ehrlich melancholisch ist. Eine kurze Pause in dem sonst völlig durchgeknallten Ballermann-Mittelalter.

Es folgt ein neuer Teil des Albums, eine Art partielles Konzept. Nach dem ersten Skit der „Krieger des Mets“-Reihe kommt der Song „Operation Drachensturm“, ein Over-The-Top-Symphonic-Metal-Brecher, der diegroßen Konzepte, mit denen zum Beispiel Corvus Corax kürzlich aufwarteten, ordentlich durch den Metkakao zieht. Der Text ist vollgepackt mit Pathos und Parodie. Dasselbe gilt für die Mittelaltermarkt-Melodie von „Ein Held ist gebor’n“, welches in dem epischen dritten „Krieger des Mets“-Teil überleitet. Dieser läutet das Grande Finale, die „Liga des Mets“ ein. Mit schmissigem Riff, das zum Nicken einlädt. Die Themen der Skits werden wieder aufgegriffen, und am Ende wird der Alkohol zelebriert. Hierbei ist vor allem das schön rockige Instrumental mit dem coolen Solo am Ende ein gutes Element für das Outro der Platte.

Fazit: Bisher habe ich mich bei Feuerschwanz immer gefragt, wie Leute denn ernsthaft solche Musik machen können. Jetzt weiß ich, dass das mit Ernst überhaupt nichts zu tun hat. „Methämmer“ ist ein spaßiges Album, augenzwinkernd pathetisch und parodistisch, aufräumend mit den Klischees des Mittelalter-Genres. Es ist wie eine amerikanische Late-Night-Show, ein bisschen belanglos, ein bisschen over the top, ein bisschen fingerzeigend, doch im Großen und Ganzen unterhaltsam. Und damit erfüllen Feuerschwanz voll und ganz ihre Aufgabe als Spaßband und überzeugen mich damit mehr als mit dem ein oder anderen, das man auf Platten wie „Sex Is Muss“ vernehmen konnte.

Tracklist:

01 Metämmer
02 Schubsetanz
03 Die Hörner hoch
04 Lustprinzip
05 Wikingerblut
06 Kinder im Geiste
07 Oh Fortuna
08 Prinzessin
09 Der Geschichte Pfade
10 Krieger des Mets – die Trilogie; op. 1: Von Göttern und Drachen
11 Operation Drachensturm
12 Krieger des Mets – die Trilogie; op. 2: Die Prophezeiung
13 Ein Held ist gebor’n
14 Krieger des Mets – die Trilogie; op. 3: Der heilige Eid
15 Liga des Mets

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VÖ: 17.08.2018
Genre: Mittelalter-Rock
Label: F.a.M.E. Artist Recordings

METHÄMMER Tour 2018

23.11.2018 BREMEN – Aladin
24.11. 2018 KÖLN – Essigfabrik
29.11. 2018 FRANKFURT – Batschkapp
30.11. 2018 KARLSRUHE – Substage
01.12. 2018 PRATTELN (CH) – Z7
06.12. 2018 BERLIN – Columbia Theater
07.12. 2018 KIEL – Pumpe
08.12. 2018 HANNOVER – Musikzentrum
13.12. 2018 HAMBURG – Markthalle
14.12. 2018 LEIPZIG – Hellraiser
15.12. 2018 BOCHUM – Matrix
20.12. 2018 WIEN (AT) – Szene
21.12. 2018 GRAZ (AT) – Explosiv
22.12. 2018 MÜNCHEN – Backstage
28.12. 2018 NÜRNBERG – Hirsch

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