Die Toten Hosen – Alles ohne Strom (CD-Kritik)

Die Toten HosenDie Toten Hosen haben es schon wieder getan. Dieses Mal nur noch spektakulärer, noch pompöser und noch umfangreicher als beim Ersten mal. Die verkappte Punkband, die (zum Glück) nicht Tod zu kriegen sind, eigentlich doch ganz gut ins Radio passen, aber dennoch noch nach alter Schule rocken können. Die Meinungen, ob man die Toten Hosen nun Punk- oder Popband nennen will, kann man endlos führen, aber worauf man sich am Schluss immer einigen wird, ist dass es sich hier um eine Truppe fantastischer, unfassbar talentierter Musiker handelt, die seit Jahrzehnten immer wieder zeigen, dass sie ganz zu Recht zur Speerspitze der deutschen Musikszene gehören. Und genau diese, etwas in die Jahre gekommene, erste Sahne Band hat ein weiteres Album veröffentlicht. Der zweite rein akustische Langspieler nach „Nur zu Besuch – Unplugged im Wiener Burgtheater“. Dieses Mal wird aber nicht nur der Stecker gezogen, sondern die Band bekommt noch tatkräftige Unterstützung von einem kleinen Orchester.

Wir bekommen nun also ein buntes Potpourri vorgesetzt, dass das Beste aus all den Jahren „Hosen“ zusammenfasst, fein gewürzt mit vier Brandneuen, extra für diesen Abend geschriebene Songs und abgerundet von Coverversionen um Musikerkollegen zu ehren. Das Gesamtpaket hört auf den Namen „Alles ohne Strom“ und wurde in der Düsseldorfer Tonhalle aufgenommen. Das führt auch gleich zu Punkt 1, der erwähnt werden muss. Wir haben hier einen Livemitschnitt eines Konzertalbums. Das bringt einmal unfassbar viele Emotionen mit sich, die man in einer Studioversion vermutlich gar nicht einfangen könnte, aber auch das Problem, dass Liveversionen keine Fehler verzeihen. Man hört also jeden Ton, der nicht zu 100% getroffen wurde und jeden Einsatz, der nur eine halbe Sekunde verspätet beginnt. Das kann man natürlich auch als sympathisch und authentisch auslegen. Hier glaube ich scheiden sich die Geister. Ich für meinen Teil kann Liveversionen nie viel abgewinnen. Nicht wegen bereits genannten Gründen, die machen für mich das ganze eher sympathisch, sondern wegen der für mich störenden Nebengeräusche. Lautes Klatschen, schreien und schiefes Mitsingen des Publikums finde ich auf Livemitschnitten störend. Klar, dass diese Faktoren zwingend dazugehören, aber ich hätte mich über Studioversionen der Hits glaube ich mehr gefreut. Lässt man diesen Kritikpunkt, egal ob man ihn nun positiv, oder negativ, auslegen möchte, außer Acht, bleibt ein 21-Song starkes Album, das einen gewaltigen Eindruck hinterlassen kann! Was hier passiert, ist durchaus stimmig und kann sich auf jeden Fall hören lassen. Den Hits steht das neue Gewand durchweg sehr gut und es macht wirklich viel Spaß, sich durch die Tracks zu hören. Vor allem, wie verschieden inspiriert die Interpretationen daherkommen. Hier wurde nicht einfach nur der Akustikstempel aufgedrückt, hier wurde jeder Song noch einmal in die Hand genommen und zu einem neuen Meisterwerk geschliffen.

Besonders die fetzige Bluesversion von „Hier kommt Alex“ hat es mit angetan. Aber auch die absolut emotionale, brandneue Ballade „Schwerelos“ geht nicht mehr aus dem Kopf. Mein Highlight des Langspielers ist aber der Klassiker „Das ist der Moment“ der in einer frechen und fetzigen Version immer wieder aufs neue Begeistern kann. Wenn man von Highlights spricht, muss man auch von Tiefpunkten sprechen und leider gibt es diese auch auf diesem Album. Was sicherlich gut gemeint war, ist hier ordentlich nach hinten losge- gangen. Track Nummer acht ist eine Coverversion des Rammstein-Klassiker „Ohne Dich“. Sicher – nette Geste, hochgeschätzte Kollegen geehrt, der Hut wird gezogen, aber doch nicht so! Die Herangehensweise klingt nach Schülerband und wie gewollt und nicht gekonnt. Die Töne schief, oftmals neben dem Takt und so richtig in Fluss will der Song einfach nicht kommen. Auch wenn die Hosen (fast) alles erreicht haben, Rammstein ist einfach eine Nummer zu groß für die Düsseldorfer. Auch „Everlong“ (im Original von den Foo Fighters) hätte nicht unbedingt neu interpretiert werden müssen. Abgesehen von diesen negativen Ausreißern hat man aber ein hochemotionales, in sich stimmiges Album, das zeigt, dass die Toten Hosen auch akustisch mit Orchesterbegleitung so einiges zu bieten haben.

Fazit: Alles ohne Strom macht Spaß zu hören und kann von Song zu Song immer wieder aufs Neue überraschen. Nach all den Jahren noch so ein Meisterwerk rauszuhauen – Hut ab.

Tracklist:

01. Entschuldigung, es tut uns leid!
02. Strom
03. Urknall
04. Laune der Natur
05. Das ist der Moment
06. Kamikaze
07. Ein guter Tag zum Fliegen
08. Ohne Dich (Ohne Strom) 4:01 + hinzufügen 09. Schwere (-los)
10. Altes Fieber
11. Politische Lieder
12. 1000 gute Gründe
13. Everlong
14. Alles mit nach Hause
15. Paradies
16. Sorgenbrecher (Auf Euch)
17. Achterbahn
18. Liebeslied
19. Feiern im Regen
20. Hier kommt Alex
21. Tage wie diese

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Release: 25.10.2019
Genre: Rock
Label: JKP/Warner

Die Toten Hosen im Web:

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