Das Saarland ist bekannt für seine Saarschleife, die Voelklinger Hütte und auch für das Gondwana Praehistorium. Schon auf der Autobahn wird das Praehistorium angekündigt, das sich im Erlebnisort Landsweiler Reden befindet. Doch wer am 27. und 28. August dorthin gefahren ist, musste mit einer kleinen Überraschung rechnen. Direkt neben dem Kinderparadies auf dem ehemaligen Zechegelände, wurde geladen zum jährlichen Tanzritual Festival. Schon zum zweiten Mal wurde die Kulisse Teil eines ambientreichen Spektakels mit guter Musik und viel Tanz. Zahlreiche Acts der schwarzen Szene gaben sich die Ehre und sorgten für elektronisches Zittern inmitten der sonst so beschaulich ruhigen Gegend. Beim Betreten des Geländes konnte man schon sehen, dass an einigen Ecken gespart wurde. So sorgten diesmal nur drei Stände für das leibliche Wohl der Besucher und nur ein Bierwagen versorgte die durstige Masse mit erfrischenden Drinks und kaltem Bier. Das war bei über 30 Grad auch bitter nötig. Wer bei der Hitze dennoch in Shoppinglaune kam, der wurde herbe enttäuscht. In der großen Halle sollten die Shoppingherzen höher schlagen, doch die Shoppingmöglichkeiten waren enttäuschend. In der großen Halle, auf dem „Market Place“, fanden nur vier Händler ihren Platz, was in der großen Halle schon optisch wehtat. Nicht nur enttäuschend für den Besucher. Die Bierbänke und Tische unterstrichen das traurige Ambiente. Doch immerhin wurde an dem Line Up des Tanzritualfestivals nicht gespart, denn viele große Künstler fanden den Weg zu dem beschaulichen Festival. Dafür konnte man auch die Einbußen im Shoppingbereich in Kauf nehmen.
Eröffnet wurde das Festival mit Dr. Geek and the Freakshow. Bei muckeligen 32 Grad war es nicht schwer das Publikum warm zu machen. Während die meisten sich schützend im Schatten versteckten, konnten manche doch nicht still halten und feierten mit der Band den Festivalauftakt. Die Herren schmetterten die Riffs ins Publikum, gespickt mit nerdig witzigen Texten. Der fröhlich harte Sound kam gut an. Der Nerdfaktor stieg einmal richtig an und wurde durch die Kombination mit Horrorpunk ziemlich cool. Die Interaktion mit dem Publikum funktionierte nicht ganz so prächtig, was aber weniger an der Band lag, als an der Sommerstagnation der Besucher. Trotzdem versprühten Dr. Geek and the Freakshow gute Laune und manch einer wird eine neue Band für sich entdeckt haben.
Nach einer geballten Ladung handgemachten Horrorpunk, wurde es elektronisch auf dem Tanzritual Festival, zumindest zum Teil. Bewaffnet mit Synthie, Bass und harten Vocals betraten Chemical Sweet Kid die Bühne. Das dynamische Trio präsentierte aggressiven Elektrosound mit ebenso aggressiven Vocals. Nicht nur die Hitze bereitete der Band aus Frankreich einige Probleme, auch das Publikum schien in der Mittagssonne nicht bereit für brachiale Action zu sein. Einige wenige ließen sich dennoch nicht abschrecken und feierten beherzt. Schließlich gab es zwischenzeitlich immer mal wieder eine Abkühlung durch den netten Securitymann und dem Gartenschlauch. So konnte angenehm gefeiert und zu „Kiss My Hate“ und anderen knallharten Tracks getanzt werden.
Skurril witzig wurde es anschließend mit Pokémon Reaktor. Das Duo zeigte Elektrosound auf ihre Art und Weise. Mit viel Witz und einer ordentlichen Portion Durchgeknalltheit schwitzten sie zum Amüsement der Besucher. Doch sie wollten nicht alleine schwitzen, also setzten sie alles daran die Besucher aus ihrer Sommerstagnation zu holen. Leider mit minderem Erfolg. Dennoch schunkelten die Besucher auf ihren Bänken im Schatten, während Pokémon Reaktor auf der Bühne Gas gaben. Das Plüschpikachu stets dabei und auch ein Pappminion wurde zur lustigen Bühnendeko. Schmu van der Kröt, Sänger der verrückten Kombo nutzte auch das familiäre Ambiente des Festivals und ließ es sich nicht nehmen in direkten Kontakt mit den Besuchern zu gehen. Gerne wird bei den Gigs eine Wall Of Death gebildet und so war es auch auf dem Tanzritual Festival. Natürlich war Schmu van der Kröt mittendrin statt nur dabei. Nebenbei dröhnte harter Elektrosound durch die Boxen mit lustigen Vocals und jeder Menge guter Stimmung. Von „War“ bis zu „Anal Way 2 Life“ war die Stimmung bei Band und Publikum gut.
Nachdem es bis dato volle Ladung harten Elektrosound gab, wurde es ein wenig ruhiger in Landsweiler Reden, nicht dass sich die Nachbarn noch beschweren kommen. Als nächstes sollte Parade Ground die Besucher des Tanzritual Festivals beschallen. Dies taten sie mit ruhigeren und sachteren Klängen. Seriös und als gestandene Männer betraten sie die Bühne. Wer seit 1981 im Musikgeschäft ist weiß eben wie man sich auf der Bühne präsentieren muss. Auch wenn die Klamotten ein wenig zu groß waren und man sich als Besucher fragte wie es sich bei 32 Grad in einem schwarzen Anzug so anfühlen muss, beschallten die Urgesteine mit ihren Tracks das Publikum. Manch einer wagte sich aus dem Schatten, um dem Konzert beizuwohnen. Die meisten jedoch feierten lieber weiterhin von ihren Plätzen aus. Ein wenig schräg sahen die Tanzeinlagen aus. Leicht krampfhaft möchte manch einer sagen. Nichts desto trotz lieferten die Brüder Oldschool Elektro vom feinsten ab. Die einen sahen darin eine willkommene Abwechslung, andere wiederum wollten lieber weiterhin die Beats an den Kopf geschmettert bekommen.
Soft blieb es weiterhin auf dem Tanzritual. NamNamBulu gaben sich die Ehre und verzückten das Publikum mit melodischen Elektrosound gepaart mit träumerischen Vocals. Stets mit einem Lächeln im Gesicht strahlte Sänger Henrik Iversen mit der Sonne um die Wette. Seine charmante Art und der Umgang mit dem Publikum waren zauberhaft. Die melodischen Klänge entführten die Menschen in eine andere Welt und dort schien es bei weitem nicht so heiß zu sein, denn immer mehr Leute fanden den Weg vor die Bühne um ausgelassen zu tanzen. Sänger Henrik suchte den Kontakt mit der Menge und statte ihnen eben einen Besuch ab. So wandelte er durch das Publikum, um auch das Schattenvolk näher zu betrachten. Doch auch dieser Gig hatte einmal ein Ende und NamNamBulu mussten Platz machen für harten Elektrosound von Das Ich.
Das Ich, wie könnte man die Herren anders beschreiben als mit dem Wort Wahnsinnig. Zumindest auf der Bühne setzen die Männer alles daran dem Publikum den Eindruck zu vermitteln, dass die Männer mit der weißen „Hab mich lieb“ Jacke hinter der Bühne stehen und darauf warten bis der Gig vorbei ist. Der Wahnsinn stand auf der Bühne und schoß mit harten Bässen und deftigen Elektrosound durch die Menge. Da die Sonne nun endlich wich, versammelte sich eine ansehnliche Schar vor der Bühne und feierte das wahnsinnig elektrische Duo. Natürlich hatten sie neben der skurrilen Bühnenpräsenz auch ihre größten Hits dabei. Von „Kannibale“ über „Destillat“ bis hin zu „Gottes Tod“ waren alle bekannten Lieder vertreten. Durch diese Ansammlung an Hits und der versteckten Sonne kamen die Leute endlich in Fahrt. Die Schar wurde langsam zur Masse und Das Ich verstanden es diese Masse in Bewegung zu versetzen. So wurde aus dem Straßenfestflair endlich ein ordentliches Festival. Im Festivalmodus angekommen, war es auch schon Zeit für die letzte Band des ersten Tages auf dem Tanzritual Festival.
Diary Of Dreams beendeten den ersten Tag wie es mit Dr. Geek and the Freakshow begonnen hatte, nämlich mit handgemachter Musik inklusive Schlagzeug, Bass und E-Gitarre. Nach der vollen Ladung Elektromusik war handfester Rock kombiniert mit weichen Synthieklängen genau das richtige. Die Sonne verabschiedete sich vorher schon von dem Festival, doch die Besucher wollten unbedingt noch den Klängen von Diary Of Dreams lauschen. Die Masse tummelte sich vor der Bühne und war bereit für die letzte Band. Jedoch bedurfte es einer 50 minütigen Umbaupause. Um sich die Wartezeit zu verkürzen konnte man sich die Ponyklau Modenschau in der Halle ansehen. Verkürzen ist dabei nicht das richtige Wort und Modenschau schon gar nicht. Sechs Damen betraten einen ca. 30 cm hohen Laufsteg und präsentierten ziemlich plump und unprofessionell die Designerstücke von Ponyklau. Manch einer wünschte sich ein schnelles Ende und da war es auch; die Modenschau ging geschlagene 5 Minuten und hinterließ mehr Stirnrunzeln als Begeisterung. Ein wenig belustigt über diese Farce beschlossen die meisten wieder hinaus zu gehen und wenigstens bei kühler Luft auf Diary Of Dreams zu warten.
Dann war es endlich soweit. Diary Of Dreams betraten die Bühne und das angereiste Publikum begrüßte sie mit großem Applaus. Das „Sinferno“ konnte beginnen! Als die ersten Töne dieses Tracks erklangen wurde es laut auf dem Gelände. Die Leute tanzten und klatschten mit im Takt. Diary Of Dreams mussten nicht einmal das Publikum animieren. Selbstständig wussten sie was zu tun war und die Band setzte alles daran noch einmal richtig mit der Menge abzurocken. Der harte Rocksound und die sanften Synthieklänge verschmolzen zu einer tanzbaren Einheit und die Menge setzte sich auch rasch in Bewegung. „Malum“ sorgte noch einmal für eine dunkle gruselige Atmosphäre, doch genau das wollte das Publikum. Diary Of Dreams legten einen super Gig hin und verstanden es auch eine kleinere Masse als gewohnt in schiere Begeisterung zu versetzen. Die Mehrheit war euphorisiert und es gab jedoch einige, die mit der rockigen Kombo nichts anfangen konnten. Doch rein musikalisch haben sie alles gegeben und hatten auch Spaß bei der Sache. Diary Of Dreams haben einen perfekten Abschluss geliefert und sorgten für das i-Tüpfelchen des Tanzritual Festivals. Zumindest für den ersten Tag. Der zweite Tag sollte noch einmal das Saarland zum Beben bringen. Doch wer noch in Feierlaune war konnte der Tanzritual After Lounge beiwohnen und Tanzen, Reden und einfach nur die Festivalstimmung genießen.
…. Fortsetzung folgt in Kürze!
Alle Bilder von den Bands findet ihr >>HIER<< in unserer Fotogallerie.
Tanzritual Festival im Web: