Wirtz – Unplugged II (CD-Kritik)

Wie viel Melancholie kann ein Album vertragen? Wie viel Gefühl und Emotion kann man seinen Hörern zumuten? Daniel Wirtz hat die Latte hier enorm hoch gelegt. Der Künstler, der eh schon für seine extrem emotionalen und überlegten Songs bekannt ist, hat mit Unplugged II nach fast drei Jahren ein neues Werk produziert und veröffentlicht. Das Album Unplugged erschien 2014 und in der Zwischenzeit sind einige Songs erschienen, die es würdig sind in neuem, noch emotionaleren Gewand, präsentiert zu werden.

Wirtz hat eine Stimme, die es schafft, einen binnen von Sekunden zu Tränen zu rühren. Tief und glasklar, mit einer emotionalen Tiefe, wie man es selten hört. Ich denke selbst, wenn er aus dem Telefonbuch vorlesen würde, hätte das auch Gänsehautgarantie. In der Kombination mit den oft sehr gefühlvollen und ernsten Texten wird einem die volle Ladung Emotion um die Ohren gehauen. Das muss man schon mögen. Verpackt man dieses Paket jetzt auch noch in ein rein akustisches Gewand, dann hat man die volle Dröhnung von 13 Songs, die einen durch sämtliche Gefühlswelten tragen. Auch Songs, die im Original eigentlich treibend sind, wie der Opener „Auf die Plätze, fertig, los“ wirken, als hätte man sie in Watte gepackt und schaffen es innerhalb von Sekunden einen aus dem hektischen Alltag zu ziehen. Songs, die im Original eh schon für Gänsehaut sorgen, wie „Gib mich nicht auf“ werden auf eine emotionale Ebene gehoben, wo man sich dann eben fragt: Wie viel Melancholie verträgt ein Album. Wirtz sagt ganz klar, hier gibt es nach oben keine Grenze, alles ist möglich. Das Arrangement der einzelnen Songs ist sich im Großen und Ganzen sehr ähnlich. Der deutliche Fokus liegt auf dem Gesang und die spärlichen Instrumente fügen sich herrlich zart im Hintergrund ein und nehmen genau den richtigen Rahmen ein. Auch wenn ein Song doch mal etwas flotter interpretiert wird, wie in „Die fünfte Dimension“ wird an diesem Konzept festgehalten und das funktioniert absolut hervorragend. In kurzen gesanglosen Passagen wird den Instrumenten der Raum gegeben, den sie benötigen, um voll wirken zu können, ohne aber das dann das erneute Zusammen- treffen mit dem Gesang wie ein Überfall oder ruckartig wirkt. Generell merkt man, dass die Produktion sehr durchdacht und qualitativ absolut hochwertig ist. Kein Ton klingt nach Brei, kein Ton wird verschluckt und die Harmonie des Zusammenspiels ist jede Sekunde hörbar. Ganz, ganz großes Kino, dass mit Unplugged II hier geboten wird. Eine musika- lische Zeitreise durch eine Reihe an Wirtz Alben, bei denen man dachte, man kann sie nicht mehr toppen. Das ist hier allerdings mehr als gelungen. Natürlich ist das ganze kein Album für wilde Partynächte, oder zum Einstimmen auf rauschende Kneipenabende gedacht, sondern eher für die stillen Momente danach. Wenn die Euphorie und das Adrenalin langsam nachlassen, dann ist die perfekte Zeit für Unplugged II. Erwischt man den perfekten Moment, in dem man offen und bereit für die volle Ladung Emotion ist, dann ist Unplugged II das Beste, was einem passieren kann. Kann man dem ganzen allerdings wenig bis nichts abgewinnen und will eher einen treibenden Beat und laute Töne, dann sollte man definitiv die Finger von diesem Langspieler lassen, denn glücklich wird man dann nicht.

Fazit: Im Prinzip ist alles Wichtige schon gesagt, für Fans von Melancholie und Emotion in der Musik ist dieses Album ein absolutes Goldstück. Die alten Songs erstrahlen im neuen Gewand und zeigen, dass es nicht immer viel braucht, um groß zu wirken. Das Album ist definitiv ein kleines Highlight.

Tracklist:

01. Auf die Plätze, fertig, los
02. Bilder von damals
03. Regentropfen
04. Wer wir waren
05. Wir
06. Gib mich nicht auf
07. Sehnsucht
08. Entdeckung der Langsamkeit
09. Die fünfte Dimension
10. Moment für die Ewigkeit
11. Das verheißene Glück
12. Mantra
13. Elf Zeugen

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Release: 17.01.2020
Genre: Rock
Label: Wirtz Musik (Tonpool)

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