Scarlet Dorn – Lack Of Light (CD-Kritik)

Mitunter sind es die anscheinend unbedeutenden Dinge, die plötzlich und unerwartet die erstaunlichsten Entwicklungen in Gang setzen. Im Fall von Scarlet Dorn war es ein kleiner Videotrack, mit dem die in Sibirien aufgewachsene Sängerin und Komponistin im Herbst 2014 das Interesse der Ham- burger Produzenten Chris Harms (Lord Of The Lost) und Benjamin Lawrenz weckte. Entstanden war der Clip nach einem nicht ganz ernst gemeinten Aufruf von Lord Of The Lost an ihre Fans, via Facebook den möglichst schönsten Liebesbrief an die Band zu verfassen. Unter den Einsendungen war auch besagter Videoclip der bis dato unbekannten Scarlet Dorn, die – sich selbst am Klavier begleitend – einen Song namens ´I Love The Way You Inspire Me` vortrug. Für Harms und seinen Studiokollegen Lawrenz stand sofort fest: Hier reift ein Riesentalent heran, um das man sich unbedingt kümmern sollte. Gerade einmal drei Jahre sind seither vergangen, und die Entscheidung der erfahrenen Produ- zenten war goldrichtig. In kürzester Zeit ist aus der talentierten Musikerin die Namens- geberin und Galionsfigur der vierköpfigen Newcomer-Band Scarlet Dorn geworden, zu der Lord Of The Lost-Pianist Gared Dirge, Gitarrist Bengt Jaeschke und Schlagzeuger Henrik Petschull gehören. In dieser Besetzung hat die Gruppe im Frühjahr 2017 auf Tournee mit Lord Of The Lost allabendlich für Begeisterung gesorgt und veröffentlichte Ende Februar 2018, pünktlich zur Tour mit Letzte Instanz, ihre erste Single ‚Hold On To Me‘. Bereits im Mai folgte zeitnah zur direkt anschließenden Tournee mit Joachim Witt die zweite Auskopplung ‚Heavy Beauty‘. (Quelle: Pressetext) Nach der dritten Auskopplung „I Don’t Know, I Don’t Care“ im Juni kommt nun endlich das dazu gehörende Debütalbum „Lack Of Light“ am 31. August 2018 über Oblivion/SPV auf den Markt.

Da ist es nun also, das Debütalbum von Scarlet Dorn, deren Talent ich erstmals im Vorpro- gramm von Joachim Witt auf dessen Rübezahl-Tour erleben durfte. Und in meinen Augen ist es eine großartige Platte geworden. Orchestraler, düster-melancholischer Sound durch- zieht das Album, garniert mit einigen treibenden Nummern, wie zum Beispiel dem fabelhaften Opener „Heavy Beauty“, alles zusammengekittet von der wunderbaren Stimme der fantastischen Frontfrau, deren Stimme irgendwo zwischen Tarja und Marilyn Manson (sic!) zu wandeln weiß. Bereits benannter Song, der auch eine der Singles war, überzeugt durch ein hochspannendes Zusammenspiel von Stimme und Instrumentierung in der Strophe und einem wahrlich großen Refrain. Weiter geht es mit dem genialen, anrüchigen, bedrohlichen „Hell Hath No Fury Like A Woman Scorned“. Attitüde verbunden mit Schönheit und einer gewissen Sexiness in den hier besonders rauchigen Vocals. Besonders die Bridge jagt mir Gänsehaut über den Rücken und erinnert mich an den Mephistopheles Of Los Angeles, Manson himself.

Nachlassen tut die junge Gruppe nicht – „I’m Armageddon“ ist eine leicht poppige Nummer mit einer gewissen Zerbrechlichkeit, die aber im Kontrast auch noch etwas Zerstörungskraft zeigen kann. Zwischen Selbstzweifeln und der Vernichtung in Form des Armageddons wandelt diese wunderbare Nummer. Zeit für lange Intros lässt sich die Band dabei nicht. Spot on, in your face. Eine Tradition, die die Single „Hold On To Me“ gut weiterzuführen weiß, welche mit keiner anderen Stimme – nicht einmal der von der fantastischen Ulrike Goldmann – so gut funktionieren würde wie mit der von Scarlet Dorn.

Mit „Rain“ wird uns mit gewohnter instrumentaler Wucht eine geniale Powerballade um die Ohren geschmettert. Wer die Band mal live gesehen hat, weiß, dass sie hin und wieder mal Aerosmiths „Dream On“ auf der Bühne covern. Wer nicht davon überzeugt ist, dass das genial sein kann, der höre sich bitte diesen Song an. Positiv gestimmter kommt „Kill Bitterness With Love“ daher, ein Song, der auch so aus einer großen Filmproduktion hätte stammen können. Kopf- und Ohrenkino sind bild- und farbenreich.

Als nächstes knallt die charmante Sängerin uns einfach mal schmissig, leichtfüßig und voller Cabaret-artiger Sexiness und bluesiger Attitüde ein Highlight vor die Füße. Die pechschwarze Märchen-Allegorie „Snow Black“ verliert keine Zeit, in Kopf und Beine zu gehen. Der laszive Rhythmus lässt keine Hüfte stillhalten, und der Refrain ist ein wahres Fest, mit rufenden, stampfenden Hintergrundchören und der Stimme von Scarlet, die klingt wie eine „Dame Terrible“, eine Disney-Bösewichtin mit perfider Freude an verbotenen Früchten wie dem Apfel, den sie der ahnungslosen Schönheit präsentiert. „I Don’t Know I Don’t Care“ ist musikalisch ein wenig ruhiger, doch mit bissigem Text und weiblicher Stärke, wie sie in dieser Zeit nur angemessen ist. Scarlet Dorn klopft sich die Männer- domäne Rockmusik locker von der Schulter. Lyrisch und musikalisch ein weiteres tolles Werk, mit einer genialen Explosion in der zweiten Hälfte, die ihr selbst hören müsst, um zu verstehen, wie geil sie ist.

Mit „Eye Of The Tiger“-Bassline kommt ein weiterer märchenhafter Song um die Ecke, groovy, die Vocals zwischen clear und kratzend – „Cinderella“ ist eine weitere geniale Nummer auf diesem Album, die in den Strophen eine ähnlich aufmerksamkeitsergreifende Melodie besitzt wie Muse’s „Uprising“. Und ja – es lohnt sich absolut, hinzuhören, genau wie bei, „I Love The Way You Say My Name“ dem fabelhaften Duett mit Chris Harms, dessen goldene Finger und unverwechselbare Stimme auch dieser Band und vor allem diesen Song viel Charakter und Genialität einzuhauchen weiß. Wenn dieser Mann in irgendeiner Form an deinem Album beteiligt ist, weißt du, dass es sich lohnen wird.

Pure Stimmgewalt erleben wir auch auf „Frozen Fire“. Ergreifend, düster, wunderschön. Gibt es viel mehr zu sagen? Mittlerweile dürfte klar sein, dass das Album nach dem Motto „All killer, no filler“ arbeitet. Sein Ende findet das Debütwerk mit dem Song „In Another Life“, der akustisch beginnt und auf pure musikalische Schönheit und die großartige Stimme von Scarlet setzt. Eine verträumte, liebenswerte Nummer, die in ihrem Verlauf immer weiter wächst, und so wird auch Scarlets Vocal Performance immer intensiver und spannender. Eine schöne Konklusion, ein angenehmer Abgesang mit Streichern und entspannender, beruhigender Melancholie.

Fazit: Mit diesem Album etabliert sich Scarlet Dorn womöglich schneller als erwartet zwischen den großen weiblichen Stimmen der Szene, irgendwo zwischen Alison Moyet, Ulrike Goldmann und Tarja Turunen. Kein einziger schwächelnder Song findet sich auf „Lack Of Light“, hier haut man uns zwölf Statements um die Ohren, ohne Längen, fokussiert, zwischen düster und dreamy, scary und sexy. Absolut fantastisch sind vor allem der geniale erste Song „Heavy Beauty“, die bedrohliche Frauenpower-Hymne „Hell Hath No Fury Like A Woman Scorned“ und das wunderbar-mitreißende „Snow Black“. Ich ziehe meinen Hut, Scarlet Dorn! Ihr habt es wahrhaftig drauf!

Tracklist:

01 Heavy Beauty
02 Hell Hath No Fury Like A Woman Scorned
03 I’m Armageddon
04 Hold On To Me
05 Rain
06 Kill Bitterness With Love
07 Snow Black
08 I Don’t Know, I Don’t Care
09 Cinderella
10 I Love The Way You Say My Name feat. Chris Harms
11 Frozen Fire
12 In Another Life

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VÖ: 31. August 2018
Genre: Dark Pop/Rock
Label: Oblivion/SPV

Scarlet Dorn „Lack of Light“-Tour 2018
* Support for Lord of the Lost

31.08.2018 Karlsruhe, Nachtwerk-Musikclub (Official Release Party)
04.10.18 Frankfurt / Batschkapp *
05.10.18 Hannover / Musikzentrum *
06.10.18 Berlin / Columbia Theater *
11.10.18 Nuremberg / Hirsch *
12.10.18 Cologne / Essigfabrik *
18.10.18 Pratteln / Z7 (CH) *
19.10.18 Munich / Backstage *
20.10.18 Stuttgart / Im Wizemann *
26.10.18 Leipzig / Werk 2 *
27.10.18 Hamburg / Markthalle *
03.11.2018 Fürth, Kopf und Kragen (Grand Franconian Gothic Meeting 4)

Scarlet Dorn im Web:

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