Herren – Neue Deutsche Herrlichkeit (CD-Review)

Der Neue Deutsche Welle-Star Hubert Kah ist der neue Sänger der Dessauer Band HERREN. Ein Widerspruch in sich? Auf der einen Seite die vielversprechenden Newcomer der Neuen Deutschen Härte, die bereits mit ihrem Debütalbum „Lust“ (2015) in Rock- und Metal-Kreisen mächtig Eindruck schinden konnten. Auf der anderen Seite eine der schillerndsten Figuren der NDW, der mit Hits wie ´Sternenhimmel`, ´Rosemarie` oder ´Einmal nur mit Erika` Stammgast in allen deutschen Medien war und anschließend auch als Komponist für andere Interpreten seine große künstlerische Gabe unter Beweis stellen konnte. Eins kann man mit Sicherheit sagen: Dieses Werk wird polarisieren, so wie es sich für eine ambi- tionierte Scheibe gehört. (Pressetext)

Dazu haben HERREN noch einen Vertrag bei Laute Helden/SPV unterschrieben, die am 17.11.2017 das neue Album „Neue Deutsche Herrlichkeit“ unter das Volk bringen.

Brachial startet das Album mit dem ersten Track „Mein“. Dröhnende Bässe und ein dominantes Schlagzeug bilden ein langes Intro und ebnen den Weg für die ersten Klänge von Hubert Kah. Überraschenderweise harmoniert seine Stimme fast perfekt zu dem hämmernden Stil von Herren. Etwas gewöhnungsbedürftig, oder besser gesagt ungewohnt klingt es bei den ersten Takten noch, aber es dauert nicht lange, bis das Ohr sich daran gewöhnt hat und man das große Potenzial aus dieser Zusammenarbeit hören kann. Einzig die hohen Töne sind nicht wirklich das gelbe vom Ei und klingen noch verbesserungs- würdig. „Liebessachen“, beginnt elektronisch, bis das Schlagzeug einsetzt, dann rennt man gegen eine geballte Wand musikalische Power. Der makabere Text fügt sich ein in den musikalischen Hintergrund, der treibend nach vorne drückt. „Nordwärts“ klingt ziemlich industriell, aber nicht ohne dabei ordentlich Krach zu machen. Hier kommt die Stimme von Hubertus Kah leider teilweise etwas flach rüber. Im Refrain wird dem durch teilweise zweistimmigen Gesang entgegengewirkt und so ist das Stück im Allgemeinen doch eine starke und dominante Nummer. Etwas ruhiger als die Vorgänger beginnt „Seelenräuber“. „Dreht euch nicht um, die Räuber gehen um“, wird das altbekannte Kinderspiel zitiert. Die weiblich und kindlich anmutende Stimme fügt sich perfekt zwischen den druckvollen Passagen ein. Unterstützt vom dominanten Schlagzeug zieht sich diese Strophe durch das gesamte letzte Drittel des Songs und lässt ihn so ausklingen, aber nicht ohne sich in die Gehörgänge gebrannt zu haben. Sehr, sehr hoher Ohrwurmfaktor ist definitiv gegeben. Nochmal deutlich ruhiger klingt „Komm zu mir“. Langsam baut sich hintergründlich Tempo auf. Ein leichter, immer wiederkehrender Anstieg vom Bass wirkt bedrohlich und hinterlässt eine bedrückende Stimmung. Im Allgemeinen ist der Song aber dennoch ruhig, nur im Refrain wird zwar kein Tempo aufgenommen, aber deutlich mehr Power in die Instrumente gesteckt. Mit „Eisengel“ hören wir klassischen, flotten NDH. Der schnelle Text wird gestützt von einem klaren Schlagzeugtakt. Ein sehr starker, mitreißender Song, der bisher vielleicht der stärkste des Langspielers ist. Song Nummer sieben hört auf den schönen Namen „Verliebt in den Teufel“ und beginnt mit sich steigerndem Bass-Gezupfe, bis die übrigen Instrumente einsetzten. Hier haben wir eine sehr schöne tanzbare Nummer, die in den Clubs der Republik sicher sehr gut aufgehoben ist. „Brennst Du?“, wird im folgenden Track gefragt. Ein schönes Liebeslied wird uns hier dargebracht. Textlich wirklich sehr schön. Und obwohl das Tempo gar nicht so gering ist, fehlt hier das gewisse Extra. Irgendwie fehlt ein Höhepunkt in dem Song, der im Allgemeinen eher flach als treibend oder stark klingt. Wir bleiben scheinbar romantisch mit „Küss Mich“. Ein elektronisches Intro führt in den Song und bleibt dann hintergründlich erhalten. Auch hier klingt leider alles ein bisschen flach und ohne die gewisse Power. Dennoch aber kein schlechter Song, nur eben nicht perfekt. Aber das ist Meckern auf hohem Niveau. Die vorletzte Nummer „Herzton“ ist wieder deutlich elektronischer und verspricht mehr Power. Hier wurde wieder deutlich mehr Kraft in Stimme und Instrumente gelegt. Immer noch sind wir textlich sehr romantisch angehaucht. „Einmal nach Amerika“ wollen die Herren. Gestartet wird mit einem Auszug aus der Antrittsrede von Präsident Trumps Vereidigung. „And while they celebrated in our nation’s Capital, there was little to celebrate for struggling families all across our land.“ Im Refrain hört man mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit eine Anspielung auf den Rammstein Song „Amerika“. Gut gemacht, ohne abzukupfern. Zum Abschluss ein guter Song.

Fazit: Auch nach mehrmaligem Hören kann ich nicht sagen, ob ich die Stimme von Hubert Kah im Zusammenspiel mit HERREN mag. In einigen Songs ist das Zusammenspiel hervorragend und klingt richtig gut, in anderen irgendwie deplatziert. Davon abgesehen ist das Album stark. Bis auf einzelne Passagen die etwas kraftlos und flach wirken ein sehr gelungen komponiertes Album. Man hört deutlich eine musikalische Steigerung im Vergleich zum Vorgängerwerk, aber es sind auch noch nicht alle Stufen auf der Leiter erklommen. Luft nach oben ist genug, aber die Herren haben definitiv das Potenzial diese zu erklimmen und sich einen Namen zu machen!

Tracklist:

01 Mein
02 Liebessachen
03 Nordwärts
04 Seelenräuber
05 Komm zu mir
06 Eisengel
07 Verliebt in den Teufel
08 Brennst Du?
09 Küss Mich
10 Herzton
11 Einmal nach Amerika

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VÖ: 17.11.2017
Genre: NDH, Industrial Metal , Gothic-Rock
Label: Laute Helden

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